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VI LAUFBAHN ALS STAATSMANN
er sie belauschte, nachher verhaften und getrennt in die finstersten Kerkerwerfen Heß, die im Schlosse von Ferrara dicht neben den Prunkgemächernliegen. Der Zorn des vom eignen Sohn betrogenen Gatten war nicht eher be-sänftigt, als bis die beiden Liebenden ihre Tat mit dem Leben gebüßt hatten.Der von Guarino zum Idealfürsten der Renaissance erzogene zweiteSohn Lionello war anders geartet. Die Este Ferraras standen in einemnoch engeren Schutzverhältnis zu Venedig als der etwas entferntere Gon-zaga, der Markgraf von Mantua, der, wie wir sehen werden, sich dieserOberhoheit zu entziehen wußte. So schärft der Doge Foscari seinen Ge-sandten ein, wie sie dem Kaiser nahelegen sollen, daß der Markgraf vonFerrara der vielgeliebte Sohn Venedigs sei und darum seine besondereHuld verdiene. So ganz sicher war aber dies betont väterliche Verhältniszu dem Markgrafen nicht, zumal alle die kleinen Fürsten und ihre Söhneals Kondottieren in fremde Dienste traten und es ihnen nichts aus-machte, wenn ein Bruder dem andern im Kampfe gegenüberstand. Dasereignete sich einige Jahre später während des Kampfes um Brescia , alsTaddeo d'Este der tapfere Mitkämpfer Barbaros war und sein BruderBorso, später Lionellos Nachfolger, unter dem Todfeind Barbaros, Itali-ano Furlano, im mailändischen Heere diente. Da aber Barbaros Freund-schaft zu Lionello, dem Thronfolger in Ferrara , der auch Schüler bei Gua-rino gewesen war, stets ungetrübt blieb, leistete er der venezianischenSache in entscheidenden Augenblicken den wertvollen Dienst, durch seinepersönliche Verbundenheit mitdenEstes auch den Vater, den MarkgrafenNiccolö, Venedig treu zu erhalten. Die Aufgabe, die Barbaro 1433 inFerrara gestellt war, erforderte besonderes diplomatisches Geschick.Venedig war in dem langen Kriege mit Sigismund Sieger geblieben, dochhatte dieser bisher auf das ihm abgenommene ungarische Dalmatien formell noch nicht verzichtet. Nun verlangte die schuldige Ehrerbietungvor dem römischen Kaiser, daß sich Venedig bei dem Glückwunsch zurKrönung als gehorsame Tochter des Reiches in Worten bezeigte, ohneden Kaiser durch schmerzliche Erinnerungen irgendwie zu verletzen.Der Doge hatte in seiner Weisung an die Gesandten empfohlen, dasGespräch bald auf andere Bahnen zu lenken und dem Kaiser Vene-digs Wunsch und Erwartung zu unterbreiten, daß er auf dem geradetagenden Basler Konzil die Ansprüche des Papstes Eugen IV. , der ein