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Francesco Barbaro : Früh-Humanismus und Staatskunst in Venedig / Percy Gothein
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ENTSETZUNG BRESCIAS

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Bürgern umgeben zog Barbaro dem Retter und siegreichen Feldherrnvor die Stadt hinaus entgegen und sagte ihm feierlich Dank.Den Schlußakkord der denkwürdigen Belagerung bildeten zwei großeFestlichkeiten in Brescia und Venedig, als nach den drei härtesten Jahrenseines Lebens Barbaro von seinem Posten abgelöst wurde. Der Bre-scianer Stadtrat beschloß am 20.Oktober 1440, ihm einen Ehrenschild undeine Standarte zu schenken, in die ein Löwe eingewebt war. Um dieseEhrung einzigartig erscheinen zu lassen, wurde verfügt, daß in Zukunftden venezianischen Rektoren keine solche Geschenke gemacht werdensollen, wer aber doch einen dahin zielenden Antrag im Rat stelle, dermüsse 50 Dukaten Buße zahlen 118 . An einem Sonntag fand vor dem Hoch-altar des Domes die feierüche Überreichung statt. Der RechtsgelehrteAmbrogio Avvogadro hielt Barbaro die Ansprache. Schon viele Prätorenseien durch Abschiedsreden gefeiert worden, so daß der gewöhnlicheWortschatz für solche Gelegenheiten erschöpft sei. Nicht so diesmal,denn die Taten Barbaros gäben neuen Stoff. «Ich sehe, so redet erden scheidenden Kommandanten an daß in dir zwei Tugenden ver-einigt sind, die sonst getrennt bleiben . . . Strenge und Milde. Bist duschon unwandelbar hohen Sinnes und vollkommen unantastbar, so bistdu in deinem ganzen Leben der liebenswerteste Mensch, und du giltstauch dafür, denn was ist schwerer, als in solchem Kampf von allen ge-liebt und bewundert zu werden? ... Noch bewundernswerter ist: Ob-wohl du keine Entscheidung um des Dankes willen fällst, so ist dochalles, was du entscheidest, Dankes gewiß 117 .» Und Barbaro antwortete:«Seit frühester Jugend habe ich stets geglaubt, mit höchstem Eifer daserstreben zu müssen, woraus nicht leeres Lob, sondern wahrer Ruhmhervorgehen kann.» Der heutige Tag bringe ihm die Antwort. Es istdie Pietas, das fromme Sich-Versenken und-Verschenken an die Men-schen, die unter seiner Obhut stehen. Ihre Ergebenheit für ihn sei dieErfüllung seines Strebens. Wie dem Feldherrn der Sieg, dem Arzt dieGesundheit, so sei ihm, Barbaro, die Freiheit der Brescianer anempfohlengewesen. Jetzt danke er ihnen für den Ehrennamen eines Vaters desVaterlandes. Dann fuhr er fort: «Da dem so ist, so nehme ich diese hoch-gesinnte Stadt in meinen Schutz und in meine Klientel auf. Für euch undeure Freiheit habe ich mich 40 Monate Tag und Nacht an eurer Seite