10
Zweites Kapitel.
dem ich verbrüdert war, nicht im geringsten mit den Studenten derTheologie beider christlicher Konfessionen im besten kameradschaft-lichen Verhältnis zu stehen. Es gab damals in Gießen noch einekatholische Fakultät neben der protestantischen. Die Stndenten derersteren nannte man Kathologen, die der anderen Protologen. Dadie Mainzer meistens Katholiken waren, so gehörten unsere theolo-gischen Freunde anch größtenteils zu dieser Konfession. Ein Geist-licher derselben wohnte in demselben Hause, wie mein nächsterphilosophischer Frennd, der sich oft das Vergnügen machte, sie mitseinen ungläubigen Reden herauszufordern. Aber das Alles ge-schah in so heiterer Weise, daß die Eintracht nicht gestört wurde,nicht einmal mit einem der Kathologen, der so verzückt frommwar, daß er mehrere Male den Teufel iu Person gesehen zn habenbehauptete.
Eine humoristische Geschichte, unter manchen anderen, welchebezeichnend für jene harmlosen Zustände ist, will ich doch erzählen.Sie möge belegen, wie richtig die seitdem znr Alleinherrschaft inder Kirche gekommenen Fanatiker von ihrem Standpunkt anshandelten, als sie bei der reaktionären Regierung von Darmstadt in den fünfziger Jahren die Beseitigung der theologischen Faknltätdurchsetzten uud von nuu an die Priesterzöglinge nur im Mainzer Seminar frei von der Berührung mit jeder anderen Geistessphäreerziehen ließen.
Eines Tages starb ein Professor der katholischen Faknltät.Zu seinem Begräbnis mußten natürlich alle Kathologen mitgehen.Wie bei allen Universitätshandlungen, war der Frack das unent-behrlichste Ausrüstungsstück für die Mitwirkenden. Von denStndenten dieser Faknltät, die meistens aus den ärmsten Familienstammten, waren die reichsten mit Fräcken versehen, und es wardein gewaltiges Zusammenborgen dieses kostbaren Requisits iu Ganggesetzt. Es faud sich unter unseren Theologen merkwürdiger Weiseein Kerl, der gerade solang aufgewachsen und fadendünn war wieich, mit Namen Petri, ich glanbe der Sohn einer Mainzer Wasch-fran. Richtig, mein neuer Frack paßte ihm wie augemessen. Daaber das Wetter sehr trübe war und mein Doppelgänger anchkeinen Regenschirm in seinem Vermögen hatte, so schloß ich mich,zum Schutze meines Eigentums, mit diesem Instrument bewaffnet,