Journalist und Volksredner.
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wurde, das Schloß des Nachts von einer Abteilung Bürgermilizbewachen zu lassen. Ob er es angenommen hat, weiß ich nicht.Ich sah, daß hier nichts zu erleben war, und fuhr zunächst nach Heidel-berg . Hier hatte sich inzwischen der durch diePariserNachrichteu auge-sachte Freiheitsdrang damit Lust gemacht, daß selbigen Nachmittagsauf Anregung der verehrlicheu Schneiderzunft ein Pöbelhause denLaden eines jüdischen Kleiderhändlers stürmte, der durch seineKonfektionswaare das legitime Gewerbe gegen sich erzürnt hatte.Im Königreich Sachsen nahm die „Revolution" in ihren An-fängen im breiteren Maßstab diese zünstlerische Richtung an.
Als ich am folgenden Tag nach Mainz zurückkam, hatte dieAufregung natürlich anch hier bereits die lebhaft geartete Be-völkerung ergriffen. Wie iu den meisten Kleinstaaten wurdenStimmen laut, welche grundsätzliche Verbesserungen in Verfassungund Institutionen, vor allem Preßfreiheit von der Regierung ver-langten, denn bis dahin hatte noch die Zensur unbestritten ihr Rechtbehauptet, ein Zustand, von dem das heutige Geschlecht sich keineVorstellung mehr machen kann. Die Form, in welcher das Ver-langen znm wirksamen Ausdruck kam, bestand gewöhnlich in öffent-lichen Versammlungen oder in einem friedlichen, aber etwas stürmischauftretenden Zug uach der Residenz, an dessen Spitze die liberalenNotabeln gestellt wurden. Die erste Versammlung wnrde bereitsam 23. Febrnar in Mainz abgehalten nnd endete mit einerAdresse an die zweite hessische Kammer, in welcher die bekanntenFreiheiten und ein deutsches Parlament verlangt wurden. DerHervorragendste unter den Mainzern, welchem eine besondere Rollezufiel, war Franz Zitz . Nach wenigen Wochen sollte dieserName durch ganz Deutschland gehen „so weit die deutsche Zuugeklingt". Im Volkslied ward er neben Hecker, Struve und RobertBlnm als einer derer genannt, die dem Volk die Freiheit bringen.Schon seit obengenannter erster Versammlung stand er in Mainz an der Spitze aller Demonstrationen. Aber jenseits der Grenzenseiner Provinz ist dieser Name jetzt in Vergessenheit geraten.
Da er mit den Ansängen meines politischen Lebens in engem Zu-sammenhang stand, muß ich seiner hier gedenken, und ich thue esum so lieber, als ich nur Gutes uud Ehrenhaftes von ihm zusagen weiß.