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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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153 Drittes Kapitel.

nehmen könnten, um sich auf dem Bankett vertreten zu lassen, daßaber die Zahl der Vertreter nicht je sechs übersteigen dürfe". Ineinem andern Anfrnf wurden die Turner von ihrem Vorstand zurBeteiligung aufgefordert. In den betreffenden Zeitungsinseratenfinde ich schließlich am Vorabend des Banketts noch eine Mit-teilung, die lebhaft an die Anordnungen erinnert, welche heutzutagebei Reichstagseröffnungen im kaiserlichen Schloß zu Berlin veröffent-licht werden: wer durch die Hauptthüren, wer rechts, wer linksdurch die Galerien zu gehen hat. Die Damen haben ihre Ein-trittskarte für die Galerie an der Thüre rechts vorzuzeigen. So,im großen Maßstab mit Umsicht uud größter Aufmerksamkeit vor-bereitet, kam das Fest heran.

Die Fruchthalle, welche jetzt nicht mehr existiert, war eingroßes Rechteck, aus rotem Sandstein erbaut. Die vier nacktenWände trugen ohne Hilfe von Pfeilern das mit Schiefer gedeckteDach. Die Bestimmung des Raumes war dem wöchentlich ab-gehaltenen Getreidemarkt Schntz vor der Witterung zu gewähren.Die Halle war schmucklos, aber sie war bei weitem die größtevorhandene geschlossene Räumlichkeit. Der Markt, Frucht-markt genannt, da man am Rhein für Getreide schlechthin Fruchtsagt, ward regelmäßig am Freitag abgehalten. Der 24. Februar 1849fiel auf einen Samstag.

Binnen vierundzwanzig Stuuden brachten es viele hundertfreiwillige Arbeiter fertig, einen reich geschmückten, mit Galerienversehenen Festsaal herzustellen. Alle Künste und Handwerkelieferten ihr Kontingent. In einem Bericht heißt es:Wer immerein Talent anzubieten hatte, der kam und bot es an. Das warein Leben und Treiben, fast schöner nnd origineller als das Festselbst. Zimmerleute, Schreiner, Bäcker, Metzger, Küfer, Messer-schmiede, Tapezierer, Gärtner, Architekten, Maler, Mnsiker nudhundert andere dilettantische Festtalente drängten sich dienstfertigherzu, und das Land gab seinen Teil, indem es Wagen vollBäume und Laubwerk schickte." So konnte es geschehen, daß inder Halle, wo am Freitag um ein Uhr noch Getreide verkauftwurde, am Samstag um sechs Uhr zweitausend Menschen inglänzend geschmückten Ränmen festlich zu Gaste saßen. Ans denGalerien zwölfhundert beiderlei Geschlechts.