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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Journalist und Volksredner.

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zu ihrem eigenen Verfahren diesen AuSgang als einen Erfolgpriesen.

Am 31. März schrieb ich unter dein Titel:Kaiserliches"einen Rückblick, der also anfing:

»Jetzt giebt's also Fastnacht oder Fußtritte, wahrscheinlich beides:erst Fastnacht und dann Fußtritte. So ist's ja immer in Berlin ge-wesen, 1815, 1840 und 1848. Nun zieht wieder o köstliches Bild! eine Schar Auserwählter aus den Vertretern dersouveränenNation" dahin, um eiueu neuen Herrn für die souveräne Herde herbei-zubetteln. Himmlische Volksvertreter das! Alle 6 Monate rutschensie auf den Knieen nach einer anderen Weltgegend und winseln einmalin Wien, einmal in Berlin , daß doch ein Manu von fürstlich reinemBlnte sich in Mitleid und Herzensgüte der dreißig Millionen Unglück-licher erbarme und allergnädigst drein willige, sie als erbeigentümlichesGeschenk anzunehmen, auf daß sie unter dem Schutze seines heiligenGeblütes vor sich selber bewahrt bleiben. Nun wird's wieder Reise-beschreibungen und Speisezettel abgeben, damit das Volk erfahre, wiestolz es anf seine neueHerrschaft" feiu könne. Zwar ist Heckscher nichtdabei, aber Herr Rieffer, der auch in der Hamburger Küche Schnlegemacht hat; zwar ist Jucho nicht dabei, aber Herr Biedermann, der sorepublikanisch, ganz so geistreich und noch reiner gewaschen ist. Undist nicht Herr Baron von Soiron dabei, anch ein Republikaner und einBaron dazu, der den Champagner verstehen wird, und Herr Reh ausDarmstadt , den die Zerstreuung der Reise von seinen erhaltene» Miß-trauensvoten herstellen soll? Ach, wenn ich noch denke an die besoffenenBriefe, die dazumal von Nürnberg, Regensburg, Linz und Wien kamen,Briefe voll Fahnen, Illuminationen, weißen Jungfrauen, ausgespanntenPferden und Hvsequipagen, Briefe, verkündend das schwellende, himmel-hohe Glück, welches über Deutschland mit dem Reichsverweser herauf-steige! Und wenn ich gedenke an die Rheinfahrt nach Köln , wie derReichsverweser in den Armen des Königs von Preußen lag und Gagerndabei stand, Thränen vergießend, geweiht der Einheit Deutschlands , derVerbrüderung der beiden großen Herrscherhäuser, der beiden großenVolksstämme! Wo ist der Reichsverweser, wo ist Linz, wo ist Wien ,wo ist der Champagner des Gürzenich? Herr von Gagern uud Herrvou Soiron müssen eS wissen. Bewuudernswert in der That die Aus-daner dieser großen Staatsmänner, die sich so oft nnd so glänzend aufsMaul geschlagen haben und immer wieder neues Pathos und neueThränen uud neue Küsse haben, wenn sie eine neue Albernheit machen;bewuudernswert vor allem der Mauu, welcher den kühnen Griff nachWien that uud heute darauf besteht, daß die österreichischen Abgeordnetenans der PanlSkirche scheiden.DaS müsse» Sie mir lassen", rief der