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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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175
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Journalist und Volksredner. 175

letzten Illusionen über die Möglichkeit eines gewaltsamen Wider-standes.

Ende April war die definitive Ablehnung der Kaiserkroneund Verfassung von Berlin eingetroffen. Es reihten sich darandie Anträge der Verzweiflung von seiten der gemäßigten wie derradikalen Parteien. Der Dreißiger-Ausschuß so hieß die Kom-mission, in welcher der Geist der gemäßigten, national gesinnten,Majorität vorherrschte beriet einen aus sieben Punktenzusammengesetzten Antrag, demgemäß n. a. die Nationalversamm-lung eine Aufforderung an die Regierungen, die gesetzgebendenKörper, die Gemeinden und das gesamte deutsche Volk ergehenließ, die Reichsversassung zur Anerkennung zu bringen. Es solltenam 15. Juli neue Wahlen zu einem am 15. August zusammen-tretenden neuen Reichstag stattfinden. Für den Fall, daß Preußensich fernhielte, sollte das Oberhaupt des größten der mitthuendenStaaten Regent sein. Ein Minoritätsantrag von Karl Vogt gingdahin, sofort einen Reichsstatthalter zu ernennen; alle Truppensollen, zur Not ohue Mitwirkung der Regierungen, auf die Ver-fassung vereidet werden, alle Landesvertretungen werden zu selbst-ständigem Einschreiten gegen widerstrebende Regierungen aufge-fordert.

Solche Manifestationen, welche auch von der gemäßigtenPartei Vorbereitungen zum letzten Widerstand bedeuteten, hattennach obenhin erklärlicherweise nur die Wirkung, zu stärkerem Gegen-druck zu ermuntern.

Nach österreichischem Vorbilde riefen nun auch Preußen undBayern ihre Abgeordneten aus der Paulskirche ab. Es folgtenatürlich nur ein Teil dem Rufe. Dagegen war doch denBleibenden klar, daß man ihnen nicht mehr lange ruhig zusehenwerde. Das Gespenst der gewaltsamen Vertreibung aus derPaulskirche durch die preußisch-österreichische Garnison ging bereitsbeim hellen Tage um. Daher wurden vorsorgliche Beschlüssepräpariert wegen Verlegung nach einem andern Ort und Ver-minderung der beschlußfähigen Zahl. Bekanntlich wurde, nach-dem die Gefahr noch schärfer herangerückt war, in der That dieVerlegung nach Stuttgart beschlossen, mit einer Beschlußfähigkeit