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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Briefwechsel mit der Braut.

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die ihre Stimme unverhalten und mit Energie hören ließen. Ichhabe zweimal mit Anerkennung das Wort ergriffen. TheodorCreizenach war mein Hauptgegner. Die Republikaner sind sehrin der Minorität. Jedenfalls ist das Leben hier interessant undanregend. Auch an Bekanntschaften fehlt es nicht. Man lebtdoch iu einer ganz anderen Weise als vor vier Wochen und siehtden wirklichen Anfang eines Lebens in seiner Hand."

In einem Brief vom 5. April heißt es dann weiter:Ichlebe seit den Tagen von Frankfurt wie im Stnrm; die Er-fahrungen, die ich dort gesammelt, den Wendepunkt, den dieDinge jetzt vielleicht in meinen ganzen Lebensgang bringenwerden, kann ich noch nicht veranschlagen . . Was kommen mag,und es wird noch viel Schlimmes kommen, ich bin resigniert undschwimme mit dem Strom, der die Zeit treibt." Wieder vierzehnTage später schreibe ich:Die ganze Woche habe ich DeinSchweigen und also Deine tiefe Stimmung trübselig mit mirherumgetragen. Gestern morgen hat mich Dein Brief ein wenigerlöst. Die Popularität, zu der ich hier gekommen bin, erfülltmich lange nicht so, wie die Leute meinen. Der Mangel antüchtigen Lenten ist ebenso sehr die Ursache dieser leichtenKarriere, als das, was einen darin nicht froh werden läßt.Ist es uicht ein Armutszeugniß für die ganze Geschichte, daßich so schnell an die Spitze gedrungen bin, und daß ich, trotzdemich lange nicht so viel von mir halte wie die Leute, und wie dieLente meinen, daß ich trotzdem so wenige sehe, die sich mit mirmessen können? Ich war nie deprimierter als am Abend jenerDemonstration (eine Serenade mit Fackeln).1.6 xsuxls n'sstxasclu Wut subliras«; so kommt mir alles zeitweise vor, wennich die Sachen und Personen im einzelnen betrachte. Wer inder Welt wirken will, darf sie selbst und ihre Bestandteile nurals Kollektivbegriff nehmen. Daß ich jetzt auch viele Freundehabe, versteht sich von selbst. Im ganzen kann ich sagen, daßim Punkte der Ambition hier für mich nichts mehr zu thun, nurzu verlieren wäre. In eiu paar Tagen werde ich wieder Ruhehaben vor der Berühmtheit und mit Selbständigkeit und Ruhefür die Sache arbeiten können. Ins Parlament melde ich michnicht. Die Kandidaten standen bereits fest, ehe ich bekannt