Fünftes Kapitel.
Russen, Alexander Herzen , gefunden habe, dessen Geist, Kenntnisseund Charakter er über die Maßen rühmte. Neben der Erziehungdes einzigen Sohnes, der noch in zartem Alter stand, hatte Kappauch dem Vater in litterarischen Arbeiten Beistand zu leisten,namentlich bei Übersetzung aus dem Französischen ins Deutsche.
Entsprechend der Gesinnung des Vaters sollte der Sohn vonAnfang an als Atheist erzogen werden, und das war für meinenFrennd, der eine Kirche nie anders als einen „Pfaffenkasten" be-zeichnete, ein gefundenes Fressen. Er selbst hat seine Kinder nichttaufen lassen. Nur als die Töchter nach seiner Rückkehr aus Amerika nach Deutschland allmählich ins heiratsfähige Alter traten, über-legte er sich, daß er, um ihnen Unannehmlichkeiten aus dem Wegzu räumen, sie die Zeremonie durchmachen lassen müsse.
Auf dem kleinen fchlesifchen Landhaus in Charlottenbrunn,wo er die letzten Jahre seinen Sommer verbrachte, ließ er sie voneinem protestantischen Geistlichen mit dem unentbehrlichsten Reli-gionsunterricht versehen. Das war nötig; denn früher hatteein Pfarrer zu seinem starren Stannen, ein mal entdeckt, daß diejungen, im übrigen sehr unterrichteten Damen von der christlichenReligion so gnt wie gar nichts wußten. „Haben Sie nie vonJesus gehört?" fragte er. „O doch", antwortete eine der jüngeren,„Papa sagt: Jesus war ein Gentleman". Das hat die Töchternicht gehindert, später vortreffliche Gattinnen und Mütter zuwerden.
Auch der Sohn Herzens, wie der Vater Alexander genannt,der dann seiner gottlosen Erziehung treu geblieben, wurde einsehr achtbarer Gelehrter, Vater vou ueun Kindern, in glücklicherEhe mit einer Italienerin von bescheidner Herkunft vermählt, dieer als junger Mensch aus Liebe heiratete. Er ist gegenwärtigProfessor der Physiologie an der Universität von Lausanne .
Kapp bot mir natürlich an, mich mit Herzen bekanntzu macheu, was ich mir nicht zweimal sagen ließ. Der inter-essante Mann fand bei der ersten Begegnung Freude an mir,und es wuchs daraus eine warme Freundschaft. Der Umgangmit Herzen, der einen großen Kreis der verschiedensten Menschenum sich sammelte, sollte meinem mehrmonatlichen Aufenthalt inGenf den Hauptreiz verleiheu. Herzen sprudelte von Geist und Lauue