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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Er lernte sie kennen, als er mit Napeoleon III. in Biarritz zu-sammenkam. Dort knüpfte sich ein feinsinniger Flirt zwischendem nicht mehr jungen Diplomaten nnd der jungen lebhaftenFrau an, der später in Paris fortgesetzt wurde.

Im Nachlaß der Fürstin-Mutter befand sich eine SammlungBriefe des preußischen Diplomaten an die russische Freundiu.Zwei davon habe ich zu lesen bekommen. Wenn die Sammlungjemals aus dem Nachlaß, der in die Hände des jungen Orloffübergegangen ist, der Welt geschenkt würde, könnte man sich aufeine interessante und genußreiche Lektüre freuen.

Man weiß, welch ein Virtuose auch des Briefstils Bismarckwar. Es giebt auf diesem Gebiete nur wenige, die ihm an Formund Inhalt gleichkommen, und die, welche der in unsrer Zeit etwasin Mißachtung geratenen Liebhaberei am Korrespondieren nochhuldigen, mögen sich damit trösten, daß sie einen solchen Kollegenhaben.

Die Fürstin Katharina ist auch die russische Dame, zuwelcher, wie ich in meinem Zlonsieui- 6s LisM-n-clc*) erwähne,er im Jahre 1862 sagte: er werde binnen kurzem der populärsteMann in Deutschland, dessen Cavonr sein. Es geschah diesbei Tisch in Bellesoutaine, dem Schloß der Trubetzkoys.

Gleichzeitig mit Herzeu lerute ich damals Georg Herwegh kennen. In den der Revolution vorangegangenen Jahren hattenseineGedichte eines Lebendigen" uns alle mit Bewunderungerfüllt. Ich weiß noch hente ein gut Teil davon auswendig.Ihr frischer, verwegener Geist, ihre packende und wohllautendeForm rechtfertigten den ungeheuren Erfolg, den sie damals hatten.Ich war sehr erstaunt, als Herzen mir diesen Freiheitssängervorstellte, das Bild eines vollendeten Stutzers des Boulevarddes Italiens. Anch Herzen trug sich sehr elegant, aber ohneGesuchtheit nur wie ein Pariser von gntem Geschmack. Herwegh war ein wunderschöner Mann. Er sah mit seinem seidenendunklen, schon etwas gelichteten Haar nnd dem seinen Bart, denglühenden Augen, der gelblichen Gesichtsfarbe und den weichenZügen, auch den kleinen zierlichen Händen und Füßen viel eher

*) Gesammelte Schriften Bd. III, S. 345.

Fünftes Kapitel.