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wie ein Südländer aus, als wie ein Schwabe. Den einstigenZögling des theologischen Stifts in diesem raffinierten Lebemannzu erkennen, wäre auch dem schärfsten Ange nicht gelungen.
Herwegh hatte sich iu Paris mit Herzen eng befreundet uudwar mit ihm nach Genf gekommen. Sie wohnten zusammen imHotel des Bergues Die Geschichte dieser Freundschaft, in welcherder deutsche Dichter eine unschöne Rolle spielte, hab ich hier nichtzu erzählen. Ich verkehrte viel weniger mit Herwegh als mitHerzen. Zwar war Herweghs Unterhaltung interessant, aber seinblasiertes Wesen neigte weniger zum Anschluß an andre, wie esdiese auch weniger anzog. Er trieb damals naturwissenschaftliche,auch mikroskopische Studien, alles übrige, natürlich vor allemdie Politik, für Schund erklärend.
Dagegen beteiligte er sich gerne an den zahlreichen Soupers,die Herzen hänfig des Abends seinem kleinen Freundeskreis inder trefflichen Restauration von Chevrand anf der 11s Mönsgab. Manchmal besuchte man vorher das Theater, was daunder Unterhaltung bei Tisch noch einen besonderen Anreiz gab.
Es war eine Wonne, mit Herzen, der von Ideen, vonHumor uud Witz sprudelte, zu plaudern. Für einen gutenTrunk war er nicht unempfänglich. Darin hatte es Kapp gutgetroffen. Seine Fassungskraft war unbegrenzt, auch die Tages-zeit war ihm dabei gleichgültig. Mehrmals kam er am Vor-mittag zu mir und fragte mich, ob ich mit ihm ein neues, ihmempfohlenes Gewächs probieren wolle, das man ihm verratenhabe, so z. B. einen vorzüglichen moussierenden Burgunder, derirgendwo in Genf zu haben sei. Für solche Expedition war ichnatürlich nicht zn haben. Ich habe, glaube ich, schon einmalirgendwo den Ausspruch erzählt, den Herzen eines Tags auseinem gemeinsamen Spaziergang machte. Wir kamen an einHaus, über dessen altertümlicher Pforte eine etwas unleserlicheInschrift stand. „Nun", sagte Herzen, „entziffern Sie mir daseinmal." „Warnm soll ich es besser können, als Sie", erwiderteich, worauf er: „Ions Iss ^Ilsraalläs 8vnt pliiloloZuss, oorawstous Iss Rus8ö8 sorit ivroZuss."
Zum engeren Kreis gehörte James Fazy , der Präsident derRegierung, in Wahrheit damals der Diktator von Genf . Er