Kaufmännische Lehrjahre.
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einer mit besonderem Genie für eine Ausgabe ausgestattet ist,wird er an jedem Ort seine Kunst verwerten. Aber das warhier nicht mein Fall.
Mein Pariser Onkel und Prinzipal, der seineLebmserfahrungenzu vielen drastischen Formeln zusammengefaßt hatte, ließ nieden Einwand gelten, daß das Gelingen von den äußeren Um-ständen abhänge. Er ließ nur den Menschen und seine Kraftgelten. Wenn einer sich wegen geschäftlicher Unfruchtbarkeit mitder örtlichen Beschaffenheit entschuldigte, pflegte er zu ant-worten: „Setzen Sie Eduard Kann (ein bewährter Börsenkünstlerjener Zeit) auf den Chimborafso, so macht er auch da eineArbitrage."
So weit war im Juni 1851 der Rotterdamer Plan gereift,daß für angezeigt erachtet wurde, ich sollte jedenfalls einmal aufeinige Wochen nach Holland gehen, um mich mit Land, Leutenund Sprache bekannt zu machen. Für die Sprache war meinOhr schon ein wenig durch das Vlämische vorbereitet, welches dieSprache des Volkes und der vertraulichen Unterhaltung anch inden verseinerten Kreisen Antwerpens war. Solche, dem eignenverwandte Idiome lernen sich sehr leicht bis zu einem gewissenGrade, nämlich dem des Verstehens, aber diese Leichtigkeit bildetwieder ein Hindernis sür die höhere Vervollkommnung. Was nichtmit Mühe erworben wird, bleibt nicht haften. Wenn ich für einDing einen ganz fremden Namen höre, so muß ich eine An-strengung machen, um mir ihn einzuprägen. Diese EinPrägungkeilt das Wort tiefer in die Gehirnzellen ein, als die leichte Be-wegung, die nöthig ist, nm zu fassen, daß Vrouw Frau bedeutet,und das rächt sich bei der Aufgabe der Reproduktion.
Im Laus der zwei Jahre, die ich iu Holland verbrachte,lernte ich natürlich ziemlich gut schreiben und sprechen, und dieFähigkeit, stießend zu lesen, ist mir denn auch geblieben.
Am 17. Juni 1851 fuhr ich vou Antwerpen nach Amster-dam . Es war mir in den letztvorausgegangenen Tagen nochvergönnt gewesen, eine Begegnung mit meiner Braut dicht ander deutschen Grenze ans belgischem Boden, in dem lieblichenkleinen Badeort Chaudsoutaine, zu haben. Es waren, nach den