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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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Kaufmännische Lehrjahre.

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der Stimmung den prägnantesten Ausdruck. Nach etlichen Seitenselbstanalysierender Betrachtungen über das eigne Schwanken unddessen Pein heißt es:

Nun ist ein Jahr vorüber, daß ich den verhängnisvollenSchritt gethan habe. Und was ist das Resultat? Mein Onkelund ich geben zu, daß alles auf dem Zufall steht, daß nichts inunsren Händen ist. Aber um auf den Zufall zu hoffen, braucht'sdazu solcher Operationen? Doch, ich fürchte, es steckt hinter dieserVerlegenheit etwas Schlimmeres, als die Ungunst des Zufalles.Wäre ich wirklich ein Mensch für das Handwerk, welches ich jetzterlernt habe, so brauchte ich diesen Znsall nicht, denn da giebt esja keine Stellen zu besetzen und vakante Ämter abzuwarten. Undwäre ich ein tauglicher Diener für den heiligen Hunger nach Gold,so würde man schon sein Interesse dabei finden, mir einen Platzzu geben. Aber da sitzt der Knoten. Ich habe mich ein Jahrlang jeden Morgen mit verständigen Reden ausgefordert, den Tagüber an der Bewältigung eingewurzelter Antipathien mit Geduldzu arbeiten, ich habe mich sanftmütig mit Menschen nnd Dingenvergesellt, welche mich anwiderten, ich habe endlich anch die Hand-griffe des Metiers gelernt, und nach all dem muß ich mir,offen gestanden, doch sagen: ich bin nntanglich dazu; denn washilst's, daß ich mir es verschweige? Die Thatsachen plaudern'saus. Ich weiß nicht, ob mein Onkel sich so klar über die Naturder sortschwebenden Verlegenheit ist, als ich; aber wundern solltees mich doch, wenn er sich nicht bald zu dieser Klarheit verhälfe.Möglich, daß mit noch mehr gutem Willen anch in diesem Pnnktewirklich noch mehr zn leisten wäre, aber was ich aufgewendethabe, war insoweit vergeblich, als es dahin gerichtet war, meineSinnesart, mein Interesse, meine Aufmerksamkeit von Geschmackund Neigung nicht zu reden in ein anderes Geleise zn bringen.Ich habe das Geschäft erlernt, aber ich bin kein Geschäftsmanngeworden; im Gegenteil, jeder Fortschritt der Ersahrnng hat denursprünglichen Gegensatz mehr entwickelt, und hente ist es mirfremder in dieser ganzen Atmosphäre zu Mute, als vor einemJahre. Wenn ich damals mir wie neurekrutiert vorkam, so kommeich mir jetzt vor, wie auf ein paar Stunden maskiert. Manchmalwerfe ich mir die Frage anf: ob ich einen Gewaltsentschluß fassen,