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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Sechstes Kapitel.

und doch garnicht blendend, überraschte mich bereits bei meinemersten Eintritt in Holland , ats ich mit dem Dampsboot nachDortrecht kam. Aber das Dampfboot ist eigentlich für dieseLandschaft nicht gemacht. Wer sie in ihrer eigenen Zubereitung,g.u llatursl, genießen will, muß in der Trekschnit reisen. Ichbezweifle, ob das edle Fahrzeug noch existiert. Aber ich habe esgenossen, nnd ich habe eine dankbare Erinnerung daran bewahrt.

Es war zwischen Maastricht und Lüttich ; ich hatte inMaastricht in Sachen der Aachen -Maastrichter Eisenbahn juristischeGeschäfte für das Brüsseler Haus zu besorgen, und eines schönenHerbstnachmittags folgte ich der Anwandlung, mich zur Rückfahrtnach Lüttich der Trekfchuit anzuvertrauen, die ihren Namen vonTrekken, d. i. ziehen, hat.

Dies stille Hingleiten auf dem stillen Wasser in friedlicherLandschaft machte einen wundersam beruhigenden Eindruck aufmich. Es war, abgesehen von der kleinen Bemannung, niemandauf dem Boote als ein deutscher Handwerksbursche und ich. Ichhatte ein schönes Buch bei mir. An jedem Dorf hielt derJager, so heißt der Lenker des das Schiff ziehenden Pferdes, eineWeile still, um sein Borreltje, Gläschen Schnaps, zu trinken, nndes war mir leid, als wir in Lüttich ankamen.

Da nach einigen Monaten, aller Wahrscheinlichkeit znm Trotzennter meinen tastenden, unerfahrenen Händen meine geschäft-lichen Anfänge ganz gut aus der Komik heraus zu einer kleinenernsten Gestalt herangewachsen waren, so zögerte ich auch nichtlänger mit ernsteren Dingen. Ich leitete die Schritte zu meinerVerheiratung ein und mietete mir ein Haus, zwar auch uoch einbescheidenes, aber doch ganz anstandsgemäßes.

Es gab, damals wenigstens, in Holland keine mehrfachenMietswohnungen in einzelnen Stockwerken. Jede Familie be-wohnte, wie in England , ihr kleines oder größeres Haus.

Im unteren Raum das Komptoir, in den beiden oberen guteWohn- und Schlafzimmer. Das nächste, was ich dann zu thunhatte, war, mit dem Vater meiner Braut ins Reine zu kommen.Sie war schon seit einiger Zeit aus Alzey wieder zu ihrer Mutterübergesiedelt. Wir wußten, der Alte werde seine Einwilligung ver-weigern, ans dem einzigen wahren Grund, weil er diesen Vorwand-