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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
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Kaufmännische Lehrjahre.

benutzen wollte, um nicht mit Geld herauszurückeu. Er warreich und ein Harpagon in des Wortes verwegenster Bedeutung.Er gönnte sich noch weniger als anderen. Ich schrieb einenwohl stilisierten und höchst geziemenden Brief an ihn um seiuenKonsens, und erhielt wie ich erwartet hatte, denn er war, beischarfem Verstand, der größte Feind einer geraden Antworteinen dnnklen Bescheid, aus dem nichts herauszulesen war. Eskostete sogar Mühe, daraufhin endlich noch ein deutliches Neinzu erzielen. Da meine Braut das sünfnndzwanzigste Jahr gradeüberschritten hatte, war der Konsens nach rheinischem Recht nichtunbedingt nötig. Es mußte nur durch eine gerichtliche Zu-stellung, den sog. aete dem Anstand damit Genügegeschehen, daß die Aufforderung zweimal erfolglos ergangen sei.Dazu war eine Frist von drei Monaten nötig, und wir erfülltendie Formalität. Um seine Tochter doch nicht leer ausgehen zulassen, nota bene sein einziges Kind, schickte er ihr zu ihrerHochzeit brieflich seinen Fluch. Später, als es uns finanziellsehr gut ging, versöhnte er sich, erschien sogar eines Tages inParis und versuchte sich da niederzulassen, um im Anblick unseresGlückes sein Leben zu beschließen. Ich hatte viel Schererei davon,da die wirkliche Pietät seiner Tochter für ihn nie erloschen warund sie sich der Versöhnung freute, aber die Sache ging mir dochüber den Spaß, und ich machte dem Versuch sehr bald ein Ende.

Ein anderes Hindernis war noch sür die Verehelichung zuüberwinden. Ich hatte gar keine Papiere, da ich nach fran-zösischem Kriminalrecht als Kontumax rechtlos war. Zwarerhielt ich die Auszüge aus dem Zivilstandsregister unbeanstandet,aber sie mußten zur Verwendung vom Präsidenten des Civil-gerichts beglaubigt sein. Dies glaubte der damalige Vorsitzende,ein Herr Lebert, zu Gunsten eines Flüchtlings nicht thun zudürfeu. Schon sah ich mich ans das Auskunftsmittel einerTrauung in England , wo gar nichts verlangt wird, angewiesen,als es gelang, noch durch eine andere Art der Beglaubigungden Anforderungen des holländischen Civilstandsbüreaus zu ge-nügen. Und so heiratete ich am 5. Mai 1852 in Rotterdam ,mit einer schönen Rede des Bürgermeisters bedacht und nur vonganz wenigen Verwandten und Freunden umstanden.