Kaufmännische Lehrjahre.
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der Großstadt vorerst die sichere, ruhige, umfriedete Existenz inmeinen vier Wänden nicht aufwogen. Aber der weibliche Instinkthatte doch das Richtige herausgefühlt. Der erwartete Antragvon Paris folgte bald nach.
Ich nahm aus Probe an, mit dem Vorbehalt, meine Rotter-damer Existenz nicht eher preiszugeben, als bis ich mich miteigenen Augen von der Annehmbarkeit der neuen Position über-zeugt haben würde.
Als meine Frau von Mainz zurückkehrte, konnte ich ihr dieMeldung machen, daß wir schon in den nächsten Wochen nachParis reisen würden. In Rotterdam erfuhr niemand etwasanderes, als daß es sich um einen Ausflug handle.
Meinem Pariser Onkel, meinem künftigen Vorgesetzten, schriebich am 12. August:
„Da Sie mich zu ganz rücksichtsloser Erklärung einladen,so sage ich Ihnen kurz, daß ich eine Versetzung nach Paris , nachAbwägung aller Pros und einiger allerdings existierenden Contrasfür wünschenswert in meinem Interesse erachte. Mein Haupt-grund ist der schou oft gegeu Ihren Brnder erwähnte, daß ichdas hiesige Geschäft für wenig perfektibel ansehe. Wenn es sichverhältnismäßig rasch bis zu einem gewissen Punkt entwickelt hat,so hat es dies mit allen niedrigen Organismen im Naturreichgemein, die bekanntlich desto schneller zur Ausbildung kommen,je weniger Vollkommenheit sie zu erreichen haben. Nach Angabedieses Punktes bedürfen Sie wohl ebensowenig weiterer Gründe,als jener Prinz, dem man als ersten Entschuldigungsgrund fürdie nicht abgehenden Salutschüsse, die mangelnden Kanonen an-gegeben hatte."
So war der Entschluß gesaßt, aber der Ausführung solltenoch ein nicht geringes Hindernis in den Weg treten.
Das nen errichtete Kaisertum in Paris war den politischenFlüchtlingen ebenso abgeneigt, wie die vorausgegangene Präsident-schaft der Republik . Ohne einen regelmäßigen Paß, in dem ichals ein vergangenheitsloser Mensch figurierte, über die Grenze zukommen, war keine Möglichkeit. Zunächst versuchte ich mir einenbelgischen Paß zu verschaffen, sodann einen holländischen. Aberbeides mißlang, da sich beide Länder keiner Beschütznngspslicht