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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
Seite
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Sechstes Kapitel.

gegen mich bewußt zu sein besinnen konnten und MißHelligkeitenmit der französischen politischen Polizei ängstlich aus dem Wegegingen. An diesem Hindernis zu scheitern, wo so viel Ernstesauf dem Spiele stand, wäre doch schändlich gewesen. In meinerVerzweiflung waudte ich mich an meinen Protektor EduardJakobson. Und er war großmütig und mächtig genug, mir zuhelfen. Er verschaffte mir den Auftrag, als Kurier der holländischenRegierung mit Depeschen nach Paris geschickt zu werden. Ichbekam also vom Haag, mit großen Staatssiegeln versehen, einschweres Packet und dazu ein Legitimationsschreiben als Trägerdieser wichtigen Papiere, die an den holländischen Gesandten inParis , den General Fcigel, adressiert waren.

Das Packet hatte die Form eines großen Backsteins, und ichbin heute wie damals der Meinung, daß der Inhalt der äußerenErscheinung entsprach; das war uämlich dazumal garnichtsUngewöhnliches. Ich habe selbst unzählige Ziegelsteine als Wert-papiere verschickt. Und damit hatte es folgende Bewandtnis.

Die Fahrpoststücke wurden damals noch nicht wie heutedurch die Staatsposten vermittelt, sondern durch konzessioniertePrivatnnternehmuugen, in Holland und Belgien unter der Firmader sog. Messageries von Gent und Loos, in Frankreich LassitteCaillard ck Co. Um die Rechtsgrenzen zwischen diesen Kon-zessionären und der Briespost abzustecken, war bestimmt worden,daß die Privatgesellschaft nnr Packete von einem gewissen Minimal-gewicht befördern dürfe. Damit nun unter dies Gewicht nichtherabgegangen werde, hatte jedes Geschäftshaus seinen Vorratvon Ziegelsteinen, welches den unzulänglichen Packeten beigepacktwurde, und diese legitimierenden Stein? machten jahraus, jahreinihren Weg hin und her als gesetzmäßiger Ballast zu den Börsen-papieren, um deren Versendung es sich handelte.

Einem solchen lapidaren Aktenstück sah das mir von demköniglich holländischen Ministerium der auswärtigen Angelegen-heiten anvertraute sprechend ähnlich.

So war ich aller Berechnung nach mit dem Talisman ver-sehen. Aber oh Tücke des Schicksals!

Am Abend vor der Abreise, als ich ihn in meinen Handsackwohlbedacht einschicken will, entdecke ich oben auf dem Umschlag