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Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Entstehung
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Siebentes Kapitel.

rief er aus,Sie sind ein Sohn dieses ehrwürdigen Volkes?" undschließlich sagte er:Wollen Sie mir einen mächtigen Gefallen thun,so kommen Sie doch nächsten Sonntag zum Gottesdienst hierher".Natürlich willigte ich ein; ich erschien zur richtigen Stunde nndsuchte mir einen bescheidenen Platz auf einer der hintern Bänkein dem bescheidenen Raum. Dann kam der Moment, wo derPfarrer die Kanzel bestieg. Mit der Lebhaftigkeit, welche denitalienischen Prediger charakterisiert, begann er seine Gläubigenzu apostrophieren und nach einigen Worten streifte mich sein Blick;dann streckte er beide Arme weit über die Brüstung der Kanzelhinaus, warf das Haupt stolz zurück und rief mit vibrierenderStimme:Was meint Ihr, liebe Brüder, welche Ehre uns heutewiderfährt? Seht Euch dort den Mann an. Ihr meint wohl, erist ein gewöhnlicher Fremder, ein Forestiere wie die anderen, einEngländer oder ein Deutscher. Aber nicht doch, wisset Ihr, wenwir unter uns haben? ou^ivo cislls, Uaclormg,!" Da ichnicht dabei war, kann ich die Echtheit der Geschichte nicht ver-bürgen, nur so viel kann ich bezeugen, daß wir alle damals nachdem Eindruck, den wir hatten, und nach dem Charakter des Er-zählers die Echtheit nicht bezweifelten. Anch ist der Bericht zuoriginell, um erfunden zu sein, und Tendenz hat ihn gewiß nichterzeugt, denn damals war der linguistisch-ethnologische Begriffdes Semitismus und Antisemitismus noch nicht in Umlauf gesetzt,zu dem die Anekdote einen so vielsagenden Kommentar liefert.

Bei weitem der hervorragendste unter allen Malern, die inunseren Kreis traten, war der Franzose Gustave Ricard , dessenMeisterwerke selbst jetzt mehr als zwei Jahrzehnte nach seinemTode noch höher gehalten werden als zu seinen Lebzeiten, undauch in Deutschland ist den Kennern moderner Malerei seinName wohl bekannt. In Richard Muthers Kunstgeschichte findetsich die Reproduktion eines seiner besten Porträts, das dem Luxem-burg gehört, der Vicomtesse de Ealonne, einer sehr interessantenDame, die auch eine Zeitlang in Berlin gelebt hat nnd spätermit ihrem aus der bekannten Familie des Ministers Ludwigs XVI. entstammenden Gemahl unter dem zweiten Empire die ksvusL0Qtörr>xorÄws ins Leben rief. Sie war Polin von Geburt, ihrejüngere Schwester war die Gemahlin Ferdinand Hillers, des