Print 
Erinnerungen / von Ludwig Bamberger
Place and Date of Creation
Page
508
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 
  

503

Achtes Kapitel.

werden, und ich verstehe ganz gut, daß in primitiven Zuständendie Totenfeiern mit Gastmahlen abgeschlossen werden, in denenschließlich die gute Laune des Daseins über die Trübsal desSterbens triumphiert.

Unter denen, die ich seit 1849 nicht mehr gesehen hatte,stand mir am meisten Johann Jacoby im Vordergrund. Alsder intimste Freund und ehemalige Kampfgenosse Heinrich Simonswar er von Königsberg herbeigekommen und drückte der ganzenCeremonie ihr eigentliches Gepräge, zugleich das seinige, aufdas der strengen, intransigenten, radikalen Demokratie des Jahres1848. Wir sahen etwas wie einen Heiligen des reinen Glaubensin ihm. Auf diesem Boden standen wir alle, die sich da zu-sammenfanden. Politische Versuchung zur Anpassung an Trans-aktion lag nicht vor. Wir thaten uns gütlich im gemeinsamenBekenntnis unserer ungebeugten Gesinnung, deren Reich vorerstnur noch im Diesseits des Exils lag. Die Schweizer Atmosphärediente vortrefflich dazu, die frohgemute Weihestimmung zum Ge-nuß zu steigern. Das Wiederfinden alter, längst entschwundenerGestalten trug das Seine dazu bei. Einen sogar, den ich auchseit dreizehn Jahren vergessen und niemals näher gekannt habe,erkannte ich von hinten. Es war Peter von Konstanz, der derbeVolksmann vom Bodensee , von dem es im Heckerliede hieß-.

Und zum Peter sagte er:

Peter sei mein Statthalter.

Da tauchte auch Karl Mayer von Stuttgart wieder auf, dasMayerle", des von Heine mißhandelten Dichters Sohn, dieserprächtige Schwabe in des Wortes verwegenster Bedeutung. Erlebte damals in Neuchätel, wo er ein kleines Uhren- nnd Bijouterie-geschäft betrieb. Seiue poetische Ader, ob vom Vater her, weißich nicht, war jedenfalls echt und vollblütig. Er war vorherzum deutschen Schützenfest in Frankfurt am Main gewesen uudschilderte uns in köstlicher Travestiernng die Rolle, in der Ernstvon Coburg als Schützenkönig in der Tyrolerjoppe als stiller Be-werber um die deutsche Kaiserkrone sich bei dem Feste ausgespielthatte. Karl Mayers ganzes Wesen gewann mein Herz, und ichhab es nie bereut, wenn ich anch einige Jahre später erleben