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Achtes Kapitel-
Ja, die traurige Überraschung, welche aus der preußischenHegemonie eine Hegemonie des östlichen Junkertums gemacht hat,liefert sogar eine nicht zu übersehende Korrektur zu den Ansichtenderer, die, wie Kapp und ich, eine gänzliche Beseitigung derpartikulären Landeshoheiten sür das einzig Rationelle hielten.Die moderner gesinnten einzelnen Landesherren bieten heute ihrenStaatsangehörigen uoch einen Zufluchtsort gegeu die Omuipotenzder Junker, und die Anhänglichkeit, deren sie in ihren kleinenStaaten sich erfreuen, ermangelt nicht der praktischen Berechtigung.
Schon damals, im Anfang der sechziger Jahre, erwies sichdas menschliche Verhalten einzelner Bundesstaaten als eine Wohl-that gegen die Ära der Verfolgungen des Bismarckschen Regi-mentes in Preußen . Der Herzog von Cobnrg-Gotha, wenn auchnnr von Ehrgeiz getrieben, gab den Verfolgten ein ehrenvollesAsyl; der Großherzog von Baden, zu allen Zeiten ein Manu vonedler Sinnesweise, war auch einer der ersten, welche für die Ver-urteilten von 1849 eine Amnestie erließen. Mein Wunsch, deutschenBoden wieder einmal auf etwas längere Zeit zu betreten, richtetesich daher immer vorzugsweise nach der badischen Seite.
Weitere Erkundigungen, die ich nach dem oben erwähntenBrief meines Freundes Rosenhain eingezogen, befestigten michin der Überzeugung, daß ich es ruhig wagen könnte, nach Badenzu gehen. So kam im Jnli 1863 dieser Lieblingsgedanke zurAusführung. Ich begab mich in Begleitung meiner Frau nachBaden-Baden uud verlebte da mehrere Wochen.
Die Herrlichkeit des Aufenthaltes, den ich nur eiumal früherauf wenige Stuudeu in der Studentenzeit genossen hatte, ver-bunden mit der Freude, wieder einmal in Deutschland zu leben,erfüllte mich mit wahrem Wonnegefühl. Es war zugleich wieder Vorgeschmack einer völligen Rückkehr nicht nnr in die Heimat,sondern auch in deren aktives politisches Lebeu. Ich hatte denGedanken seit dem großen, durch den italienischen Krieg herbei-geführten Umschwung, im Stilleu genährt, uud die Absicht derAusführung wurde in den Briefen der Exilsgenossen schon be-sprochen. Vorerst begnügte ich mich damit, einem Teil meinerFamilie uud Freunde ein Stelldichein in Baden zu geben.