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Achtes Kapitel,
Einverständnis meines älteren Partners die Einrichtung, daß dieHauptaufgabe des regelmäßigen Börseudienstes einem seit kurzemeingetretenen jüngeren Sozius übertragen wurde. Dies war auchfür meinen körperlichen Zustaud eiu bedeutender Fortschritt, dennnichts hatte mich so ermüdet als diese Thätigkeit.
Aus einem Brief, den ich im Sommer 1862 an H. B. Oppen-heim schrieb, entnehme ich folgende Stelle:
„Meine eigene Arbeitskraft ist durch die gewaltige Geschäftsthätigkeitdes letzten Jahres vorerst in der Art zurückgetrieben, daß ich eine ganzeZeit der Rückkehr zu freien Studien brauchen werde, um mich, wenn je,wieder aufzufrischen und einzuschießen. Man konzentriert sich nicht un-gestraft. Ich glaube kaum, daß ich wieder zu ordentlicher Arbeit kommenwerde, ehe ich den Kramladen ganz verlassen, und dazu bedarf es doch,auch bei deu allergüustigsteu Umständen, noch manchen Jahres. Gesund-heit, mein Lieber, das ist alles; die physische Kraft zur Kombiniernng zweierThätigkeiten geht mir ab, seitdem das Handwerk mich so sehr in Anspruchnimmt. Ich hätte die größte Lust, jetzt des Morgens um fünf Uhr auf-znstehn, aber ich fühle zu deutlich, daß ich mich für den Tag brechen würde."
Aber entmutigt war ich durch solche momentane Depressiondoch nicht. Ein Jahr darans, im Juni 1863, schrieb ich an den-selben Freund, als ich ihm meine Reise nach Baden ankündigte:„Wiewohl ich mir keine Rechnung auf langes Leben mache, bin ichdoch nicht ohne einige Hoffnung, anch etipas Historisches zu erleben."
Indem ich die Briefe aus jener Zeit, von 1862 bis 1864,nachlese, finde ich als durchgehenden Zug eine Art von zwei-facher, innerer sich widerstreitender Bewegung. Einmal die starkenAnforderungen, welche die geschäftliche Thätigkeit an mich machte,die mir die Benützung freier Stnudeu für auziehendere Aufgabenerschwerten. Zum anderen die wachsende Aussicht, meine ganzeFreiheit zu erreichen, aber diese Aussicht wieder durchkreuzt vonden niederschlagenden Ereignissen auf dem Boden der deutschen,d. h. der preußischen Politik.
Je schärfer der Konflikt zwischen Bismarck und der preußischenKammer sich zuspitzte, desto mehr kam ich mit meinen eigenenGedanken der Rückkehr in die Heimat und ins politische Leben inZwiespalt.
Aus einem Brief an Oppenheim , vom März 1864, be-zeichnen zwei Stellen am besten diesen Zustaud. Zuerst schreibe ich: