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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
Entstehung
Seite
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5.1)

Reform und Restauration.

Herren? Und dann erschien als der schwierigste Punkt, als dieHauptnot der Herren immer sofort die Arbeiterfrage. Es ließ sichdenken, daß man diese Schwierigkeit ganz oder größtenteils beseitigte,indem die Gruudherreu ihre Güter in Pachtungen aufteilten und alsRentner lebten oder nur eiu Restgut bewirtschafteten oder eine andereBeschäftigung suchten. Aber einmal kann man mit Grund zweifeln,ob sich eine derartige Umwälzung in jenen Tagen in befriedigenderWeise hätte durchführen lassen, und dann hätte der Staat denStand der adligen Gutsbesitzer ganz oder teilweise verloren, undwer hätte damals zu solchem Zerstöruugswerke seine Hand bietenmögen?

Die Negierung, deren Mitglieder ja selbst zu den Gruudherreugehörten oder doch zu den gesellschaftlichen Kreisen, in denen siedeu Ton angaben, hatte das alles erwogen und sich vou vornhereinbemüht, den Gruudherreu jede mögliche Erleichterung zu gewähre».In der Versammlung der Landesrepräsentanten aber, die im Jahre1811 als Vorläufer der damals vom Könige für das Land ge-planten Repräsentation berufen war und der auch das Edikt überdie Regulierung der bäuerlichen Dienste vorgelegt wurde, rückteudie Interessen der Gruudherreu vollends in den Vordergruud. Dennhier hatte der Grundadel ein alles beherrschendes Übergewicht uudwußte es so stark geltend zu machen, daß die dem Adel schon vonvornherein sehr günstige Vorlage Hardenbergs noch bedeutend zuseinem Vorteil umgestaltet wnrde.

Nur einem Teile der Bauern wurde die Regulierung seinesEigentumsrechtes und die Ablösnng der Lasten und Dienste ge-stattet und zwar zu einem überaus hoch bemessenen Satze. Die einenmußten ein Drittel, andere die Hälfte ihres Landes abtreten. Gleich-zeitig verloren sie wichtige Nutzungen, namentlich an dem grnnd-herrlicheu Walde, nnd den Anspruch auf die Hilfe des Grundherrn inZeiten der Not. Das Edikt von 1811 verletzte durch den Maßstabder Ablösung unstreitig die Forderungen der Gerechtigkeit und derBilligkeit zu Nugunsten der Bauern und weiter das Interesse, dasder Staat an der Erhaltung eines gesunden und zahlreichen Baueru-staudes hatte. Einen bedeutenden Teil der bisher durch die Bauern-schutzgesetzgebung des 18. Jahrhunderts erhaltenen bäuerlichen Wirt-