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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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482 Die Reaktion von I8SV1858, im besonderen in Preußen .

oder sich schwer geschädigt zurückziehen müssen. Österreich , derSchirmherr der legitimistischen Politik, begünstigte den Radikalismusder Schweizer, um Preußen eine Niederlage beizubringen. DieseSeite der Frage ließ Österreichs Verhalten noch besonders gehässigerscheinen. Nuu hatten aber Hannover, Hessen, Württemberg nnddie meisten anderen Staaten Preußen ihre Sympathie bezeugt uudsein Vorgehen unterstützt: bei ihnen allen verlor Österreich alsodadurch an Vertrauen, und so gewann die weit mehr um Empfin-dungen als um thatsächlich wertvolle Objekte sich drehende Streitsacheeine große Bedeutung für das Verhältnis der deutschen Bundes-staaten untereinander.

Namentlich erschütterte sie auch die österreichische!? Sympathieniu den Berliner Kreisen. Gerlach freilich war bald wieder bereit,den Versicheruugeu der Österreicher zu glauben, sie hätten Preußen in dem Neueuburger Handel mehr unterstützt als Napoleon, mnßtedann aber von Bismarck, der alle die Verhandlungen geführt hatte,das grobe Wort hören:So unverschämt im Lügen ist doch nur Öster-reich ... sie haben im Gegenteil uns in der Durchmarschfrage geniertfo viel sie konnten, uns verleumdet, uns Baden abwendig geinacht,und jetzt in Paris sind sie mit England unsere Gegner gewesen."

Eine andere Folge war, daß Preußeu durch diese Vorgäugedazu gedrängt wurde, Napoleous guten Willen zu suchen, desmächtigsten Nachbarn der Schweiz , von dem man dort erwartete,er werde einen preußischen Angriff nicht gestatten. Dem offiziellenSchreiben, das die Regierung gleich bei Beginn des Handels nachParis wie nach Wien, Petersburg und London hatte ergehen lassen,nm die Vermittlung der Mächte anzurufen, die im Londoner Pro-tokoll des Königs Rechte auf Neueuburg anerkannt hatten, ließder König ein eigenhändiges Schreiben an den Kaiser Napoleon folgen, in dem er sagte:

Der Ton meines offiziellen Schreibens an Ew. Majestät war kalt undermangelte der warmeu Sprache, die mein Herz uud meiu Vertraue» zuEw. Majestät mir vorschreiben. Der Augenblick ist gekommen, wo es vonEw. Majestät abhängt, einen ergebeneu uud für jede Probe zuverlässigenFreund zu gewinnen, einen Bewunderer der großen Fähigkeiten, welcheEuropa Sicherheit und Frieden wiedergegeben haben. . . . Ich schreibe diesenBrief mit blutendem Herzen, die Thränen in den Augcu.