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Der Konflikt und der dänische Krieg.
wünschten, faßte Bismarck früh und nach der Verhandlung mitdem Herzog am 1. Juni 1864 mit erhöhtem Nachdruck die Annexionins Auge.
Die Opposition im Landtag konnte nicht leugnen, daß Bis-marck Großes erreicht hatte. Die Herzogtümer waren befreit, dasAnsehen der Deutschen durch eine Reihe glänzender Waffenthaten unddiplomatischer Siege erhöht worden, aber sie sträubte sich dagegen,das anzuerkennen. Unter dem Widerstreit dieser Empfindungen ver-mochte sich die sonst so geschlossene Opposition nicht einmal darüberzu einigen, was sie für die weitere Gestaltung von Schleswig-Holstein fordern sollte. Redner sind in der entscheidenden Ver-handlung des Abgeordnetenhauses in großer Zahl aufgetreten, undBismarck mahnte, das Land habe ein Recht, daß das Haus sage,was geschehen solle, wenn es das Programm der Regierung ver-werfe: aber keiner der Anträge erhielt die Majorität. Einig wardie Opposition nur in der Forderung, diese Regierung solle zurück-treten, und deshalb verwarf sie sogar die Anleihe zur Deckung derKosten des siegreichen Krieges, wie die erhöhten Forderungen fürHeer und Marine, obschon es vor aller Augen lag, daß man ineine Periode großer Entwicklungen eingetreten sei. Gerade indiesen Verhandlungen haben sich die Führer der Opposition zuden schärfsten Angriffen auf die Regierung fortreißen lassen. Am5. Mai 1865 verirrte sich der sonst so maßvolle Gneist sogar zudem Worte: „diese Reorganisation mit dem Kainszeichen des Eid-bruchs an der Stirn".
Aber diese Angriffe gaben Bismarck gerade die beste Unter-stützung gegenüber den Versuchen verschiedener Gruppen des Hofes,den König seinem Einflüsse zu entziehen, Versuche, die besondersgefährlich wurden, als der Bruch mit Österreich drohte.
Das Verhältnis zu Österreich hatte sich schon während desFeldzuges unbefriedigend gestaltet. Bismarck klagte Ende Mai1864, daß Österreich anfangs auf das hartnäckigste den Gedankender Personalunion festgehalten und die Lostrennung Schleswig-Holsteins von Dänemark bekämpft habe, „nunmehr aber alles daransetze, Preußen zu überbieten, nicht nur in deutscher, sondern auchin Angusteuburgischer Richtung". Man wolle Preußen dadurch