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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
Entstehung
Seite
606
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ßyg Der Kampf zwischen Österreich und Preußen und die Begründung ?c.

Die Verfassung des Norddeutschen Bundes .

Der konstituierende Reichstag wurde am 24. Februar 1867von König Wilhelm in Berlin eröffnet. Schon die Thronredewar von einem Geiste vorwärtsstrebender Kraft erfüllt, der allenZweifel an der Aufrichtigkeit der nationalen Politik Prenßens be-siegen mußte. Der Entwurf mute der Selbständigkeit der Staatenzn Gunsten der Gesamtheit Opfer zu, aber nur die, welche unent-behrlich seienum den Frieden zu schützen, die Sicherheit desBundesgebietes und die Entwickelung der Wohlfahrt seiner Be-wohner zu gewährleisten". Der König beschwor die Abgeordneten,bei ihren Beratungen im Auge zu behalten, ob für ihre etwaigenÄnderungen auch das Einverständnis der zahlreichen Regierungengewonnen werden könne, wie es für den Entwurf gewonnen sei.Heute kommt es vor allem darauf an, den günstigen Momentzur Errichtung des Gebäudes nicht zu versäumen; der vollendeteAusbau desselben kann alsdann getrost dem ferneren vereintenWirken der deutschen Fürsten und Volksstämme überlassen bleiben."

Noch nachdrücklicher sprach Bismarck .Liefern wir den Be-weis", rief er aus,daß Deutschland in einer sechshuudertjährigeuLeideuszeit Erfahrungen gemacht hat, die es beherzigt." Schon da-durch, daß er das Wahlgesetz für deu konstituierenden Reichstag vorherdem preußischen Landtage vorgelegt hatte, war von neuem bestätigt,daß Bismarck wirklich nur im Einvernehmen mit der Volksver-tretung weitergehen wolle, und dem entsprach seine weitere Be-handlung der Geschäfte. In gewaltigen Reden, die jeden Gegen-stand in großem Zusammenhang nnd mit rücksichtsloser Aufrichtig-keit behandelten und die zugleich den Reiz persönlicher Bekenntnissetrugen, die jeden Gegner entwaffneten, der aus der VergangenheitBismarcks Waffen hervorholte, kämpfte er für die Vorlage. Trotz-dem schien es sast, als würde die Verfassung verworfen werden.Den einen war die Bnndesgewalt zu straff, den andern zu locker,und vor allem machte das Schlagwort Eindruck, daß diese Reichs-verfassuug die Freiheitsrechte beseitige, die in der preußischen Ver-sassung gewährleistet feien. Man verlangte, daß an die Spitze derVerwaltungszweige verantwortliche Minister gestellt würden, während