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Politische Geschichte Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert / von Georg Kaufmann
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Ems.

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daß sie Preußen unter allen Umständen demütigen wollten. InBerlin dachte man dagegen zur Zeit an nichts weniger als aneinen Konflikt mit Frankreich . Am 26. Mai hatte der König denReichstag des Norddeutschen Bundes mit einer Rede voller Be-friedigung verabschiedet und war dann nach Ems gereist. AuchBismarck, Moltke und Roon suchten ans dem Lande und in BädernErholung.

In Ems empfiug König Wilhelm am 21. Juni die Anzeigedes Prinzen Leopold von seiner Zusage und dann die Besuchedes französischen Botschafters Benedetti, der ihn hier im Auf-trag der französischen Regierung in wiederholten Gesprächen vom9. bis 13. Juli zu bewegen suchte, daß er den Prinzen zumRücktritt von der Kandidatur nötige. Der König erklärte, daßer als König, und daß weiter die preußische Regierung mitder Sache nichts zu thun habe, weigerte sich überhaupt, denPrinzen zu irgend einem Schritte zu veranlassen, verhehlte abernicht, daß er sich sreuen werde, wenn der Prinz durch seinen Rück-tritt den Anlaß des Konflikts beseitige. Als dann am 12. Julider Prinz der spanischen Regierung seinen Rücktritt anzeigte, unddiese das sofort nach Paris meldete, da war die Sache so erledigt,wie der König es wünschte: nämlich ohne daß er dabei mitgewirkthatte. Aber das französische Ministerium hatte gerade diese Mit-wirkung verlangt, um den König öffentlich zu demütigen, und ver-suchte es nun durch zwei neue Forderungen. Zuuächst sollte derKönig sich verpflichten, jene Kandidatur niemals wieder zuzulassen.König Wilhelm wies das ab es war am 13. Juli früh auf derBrunnen-Promenade und da der Botschafter deshalb am Nachmittag noch einmal um Audienz bat, so ließ er ihm durch denAdjutanten sagen, daß er den Botschafter in dieser Angelegenheitnicht weiter empfangen könne, da er ihm nichts weiter zu sagen habe.So lag die Sache, als ihm von Paris ans die weitere Zumutunggestellt wurde, dem Kaiser Napoleon einen Entschuldigungsbrief zuschreiben. Der König war empört, hatte aber auch jetzt uoch uichtdie Überzeugung, daß der Krieg unvermeidlich sei. Im Volkesühlte man dagegen längst, daß der König die französischen Zu-mutungen zu langmütig ertrage. Mochte er persönlich seine Würde