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I, Das Erbe,
gut, zuvor sich darüber zu erklären, was er deun eigentlich unterden armen, zu Tode gemarterteil Fremdwörtern verstehe.
Goethe als Kämpfer für das Allgemeingültige! Wie herrlichhatte er sich ein Menschenleben früher ganz in Schadows Sinngeäußert: Die Kunst ist lange bildend, ehe sie schon ist, nnd dochso wahre, große Kunst, ja ost wahrer und größer als die schoneselbst. . . . Laßt die Bildnerei ^des Wilden aus den willkürlichstenFormen bestehen, sie wird ohne Gestaltungsverhältnis zusammen-stimmen; denn Eine Empfindung fchuf sie znm charakteristischen Ganzen.Diese charakteristische Kuust ist uuu die einzige wahre. Weuu sieaus inniger, einiger, eigner, selbständiger Empfindung nm sichwirkt, unbekümmert, ja unwissend alles Fremdeu, da mag sie ausrauher Wildheit oder aus gebildeter Empfindsamkeit geboren werden,sie ist ganz und lebendig!
Auch damals, aus seinen Anssatz über das Münster zuStraßburg , hatte ihm ein Künstler von Namen, ein bewährterLehrer, der Dresdener Akademieprofessor Friedrich August Krub-sacius geautwortet. Wie er den „witzigen Schwätzer" von obenherab behandelt, nach den neuesten Untersuchungen über die Ban-geschichte der Irrtümer übersührt! Da sei's am besten, wenn manallen Unterricht, alle Grundsätze nnd Regeln in den Künsten ver-werfe, denn so könne man ohne viel Studieren, wenu man nurMutterwitz habe, mit leichter Mühe bei allen Unwissenden ein großesGenie heißeu. Wenn Goethe mit seiner Begeisterung für charakte-ristische Kunst sagen wolle, ein jeglicher Künstler müsse fähigenGeistes sein zu seiner Kunst, oder was dasselbe ist, er müsse Geniedazu habeu, so hat er damit etwas sehr Gemeines und AlteSgesagt; nnd was konnte er sonst damit sagen wollen?
Sie verstanden sich nicht, die beiden Kämpfer, aber sie hättensich dreißig Jahre später verstanden; denn inzwischen war Goetheden Weg gezogen, den die deutsche Völkerwanderung seit den Tagender Cimbern und Tentoncn breit getreten hatte, über die Alpen .Er hatte das Ziel erreicht: Rom !
Er, der große Heide, war in die Hauptstadt der Päpste ge-wandert, um eine tiefe Herzenssehnsucht zu befriedigen, eine scheinbarunauslöschliche in deutscher Brust. Sie alle sind nach Rom ge-