Winckclmann und das Barock,
wachsenden Abneigung gegen dessen Bildwerke. Nicht minder darin,daß er die Sixtinische Madonna als nicht von Nafaels besterManier erklärte; wenn sie von dessen Zeichnung auch einen Be-griff geben könne, so bleibe sie doch mangelhaft im Kolorit; war siedoch zu wenig von der sanften Tönung des Correggio . Barock istWinckelmann , indem er an St. Peter auch die Schauseite als deuInbegriff der Schönheit in der Baukunst feiert nud sich mit derjetzt so verhöhnten Verlängerung des Laughauses mit der Be-rufung auf eine vitruvianische Regel abfindet; endlich darin, daßer die Allegorie die Sprache der Künstler nannte, welche diesemermöglicht, ohne Beifügung vou Schrift seiue Gedanken aus-zudrücken. Damit meinte er aber nicht das, was heute zumeistuuter Allegorie verstauben wird, nämlich die Darstellung eines Ab-strakten durch eine menschliche Gestalt. Er war zwar der Meinung,daß die allgemeinen Begriffe der Tugenden oder Laster nichtgebildet werden können. Aber er ging doch daran, ein Wörter-buch der Allegorie herzustelleu, in dem gelehrt wird, wie man alteAllegorien ueu verwenden, aus den Sitten der Alten, vder ausdereu Geschichte neue erfinden kann. Damit glaubte er der Kunsteine größere Tiefe, eine neue Zukunft und einen wahren Inhaltzu geben. Das ist der Winckelmann , welchen man gut thutjenem mit Recht so oft geschilderten, feinsinnigen nnd vor denAntiken thatsächlich zur künstlerischen Empfindung gelangten, ausseinem Gelehrteutum herausgewachseuen Halbgott der modernenArchäologen gegenüberzustellen, will mau die Zeit und in ihr denManu verstehen.
Wenn aber Winckelmann durch Gelehrsamkeit die Künstler inihrem Schaffen stärken wollte, wenn er selbst in seiner herrlichenSchilderung des Torso des Belvederes immer doch nach einer histo-rischen Erklärung jeder Muskel, nach dereu in den alten Quellenüberlieferten That sucht, um dem großen künstlerischen Empfindendie Unterlage an „Witz uud Nachdenken" zu sichern, die ihm alsNorbedingnug äußeren Schönheitssinnes nötig schien, so war er wiederhiermit kein Neuerer, sondern der Sohn seiner Zeit. Schon seitJahrhunderten suchten die Gelehrten den Künstlern die Stoffe zubestimme», dereu Werke uach dem stofflichen Inhalt zn bewerteu.