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I, Das Erbe,
ist nicht geistreicher, in antiken Werken nach einem Vorwurf zusuchen, wie die „Nichtigkeit" oder „das unbelohnte Verdienst" dar-zustellen sei, als festzustellen, welche Beziehungen die einzelnenHeiligen zn einander haben. Beide Versuche, durch Gelehrsamkeitder Kuust auf die Beine zu helfen, sind gleicher Auffassuug, gleichemGedankeninhalt entsprungen, für die Kunst gleichwertig. Man thutunrecht über den Spanier Pacheco zu höhnen, weil er für die kirch-liche Kuuft das suchte, was Winckelmann sür die antikisierende er-strebte: Einordnung in Wissenschaft!
Die Gelehrsamkeit war erstarkt, sie war jetzt zu einem gefähr-lichen Nachbar für die Kunft geworden. Die Italiener hatten vonden Zeiten Albertis an Gelehrsamkeit gefordert, jenes Alberti, dermeines Ermessens weit über Gebühr gefeiert, einer der ersten war,der der Knnst dnrch das Wissen Zwang anthun wollte. ÄnßereUmstände begünstigten dieses Bestreben. Wnrde doch an vielenOrten die Kunst für Handwerk, die Wifsenschnst sür „sreie Kunst"gehalten. Die Künstler wollten beweiseu, daß auch sie studieren,denken müssen. Sie glaubten es am besten zu thun, indem sie sichals halbe Gelehrte gaben. In Spanien leitete dieser Kampf dengroßen Knnftanfschwung ein, dort wnrde die Wissenschaftlichkeit derKunst kurz vor der Blütezeit des so rein künstlerischen Belazquezmit deu stärksten Worten betont. Die Franzosen hatten den Ge-danken fortgebildet. Der Künstler soll wahr sein, mir das Wahreist schön, das war ein unumstößig feststehender Satz. Aber dieWahrheit soll keine äußerliche, sondern muß eine dem Gedankendes Bildes gemäße sein. Ein wahres Bild wird dadurch in demAnge des „Kunstrichters" sehr leicht ein solches, das eine wahreThatsache darstellt. Die französischen Kritiker, wie Felibien, sehensich daher die Bilder immer erst vom Standpunkt des Gelehrtenan, ob uicht Fehler in der Kleidung der handelnden Personen, imThatsächlichen sich finden. Erst der wohlunterrichtete Künstler istbefähigt, Anspruch auf schönheitliche Würdigung der Nebendinge,des „Kolorits", der „Komposition" und dergleichen zu fordern.Der bigotte Hof Ludwigs XIV. stimmte dnrchaus mit der Kircheüber die wahreu Werte iu der Kunst überein.
Die klassische Kunstbetrachtnng blieb also nur im Fahrwasser