Gelehrte Kunst und Volkskunst,
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des Barock und Rokoko, indem sie die Forderung nach Inhaltstellte. Sie erweiterte uur das Gebiet, indem sie stärker die Antikebetonte. Lairesse stellte den Ovid, Graf Caylus den Homer nebendie Bibel und ueben die Legende; sie verlangten vom Maler, ersolle dort seine Stoffe suchen. Mau maß aber auch hier denBildwert an der Richtigkeit der Wiedergabe des Dichters. AuchLessing meint noch, ein Maler, der nach der Beschreibung des eng-lischen Dichters Thomson eine schöne Landschaft darstelle, habemehr gethan, als der sie gerade von der Natur kopiere; denn diesersieht sein Urbild vor sich, jener muß seine Einbildungskraft soanstrengen, bis er es vor sich zu sehen glaubt. Das sagt Lessing ,obgleich er erkannt hat, daß die Forderung an den Beschauer, dieBücher zu keunen, welche der Künstler benutzte, uuberechtigt sei;daß man diesem sein Vergnügen durch Gelehrsamkeit nicht saurermachen solle. Ob er wohl gemeint hat, der, der Thomson nichtlas, werde doch dessen Gedicht ans der Landschaft Heranssehen?
Man hat so lauge sich bemüht nachzuweisen, daß die großeZeit der deutschen Litteratur ästhetische Wahrheiten neu geborenhabe und glaubte das am besten zu thun, indem mau die Vor-gänger jener Zeit herabsetzte oder vernachlässigte. Es ist gut, auchzu erweisen, daß das, was uns als Irrtum erscheint an Winckel-manns, an Lessinas Lehre überkommene Weisheit war. Das Malen„nach Thomson" wird wohl niemand mehr anempfehlen. Es stammtder Gedanke, wie der Dichter aus England. Lessing , der den Malervom Reden und den Dichter vom Malen abhalten wollte, beab-sichtigte die Bedeutendsten unter den malenden Dichteru Englands in sein Fach zu verweisen. Das sind Anschauuugen, fechterischeSpitzen, welche aus einem durchaus unkünstlerifchen Sinn hervor-quellen, einem solchen, der im Bilde uur das schriftstellerisch Faß-bare sah und suchte.
Die Niederländische Knnst war dagegen vorwiegend oder garrein künstlerisch gewesen. Der Gegenstand, der Inhalt war nichts,die Darstellungsform, die Schärfe der Erkenntnis und der Dar-stellung des Eigenartigen alles. Das ging, solange die „Bildung"in den Niederlanden gering war. Das heißt, solange es einVolk in den Niederlanden gab, eine in Glauben und Denken,
Gurlttt, lg. Jahrh. 2