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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Die Ästhetik der Malev .

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gestellt zu werden. Rubens und Ponssin, obgleich der Niederländerübermütig, nachlässig, herzlos male, der Franzose aber einfach, sorg-fältig, streng und reiu, seien beide gleichwertig darin, daß manfürchten müßte ihre Werke zu zerstören, wollte man von einemauf den anderen Vorteile übertragen.

Es liegt in den Ansichten, daß der Künstler mehr fast als dasErgebnis seiner Persönlichkeit das seiner Heimat und seiner Schulungsei, ein leicht begreiflicher nnd daher auch leicht wirksamer Gedauke.Er wies wieder unmittelbar auf die Hinneigung aller Künstler nndKunstfreunde nach Italien. Italien war, feit Griechenland Ranbder Barbaren geworden, das Land der Kunst schlechtweg, ohne Wett-bewerb. Rafael, Tizian, Correggio waren dort geboren, die Antikewar dort am besten zu studiereu, man wähnte noch, daß viele ihreredelsten Werke hier entstanden seien. Überall umlauerten den jnngenKünstler Gefahren; nur in Italien , und seit die letzte Vollendungder Kunst in der griechischen Plastik gefunden war, eigentlich nurin Rom war theoretisch der Platz, auf dem ein Begabter den großenStil finden könne. Das hatte die Spanier, die Niederländerschon das beginnende 16. Jahrhnndert gelehrt.

Die Künstler selbst widerstanden der Wucht gelehrter Logiknicht. Sie erwarteten das Heil ihres Schaffens vom Studiumder Alten, von der Lehre, von der Erhebung der Masse zu höhererBildung, sie begannen sich an der Schöpfung einer wissenschaft-lichen Ästhetik zu beteiligen.

Mengs wollte die Vollkommenheit als ein Übersinnliches sicht-bar gemacht wissen dnrch ein Sinnliches, nämlich durch die Schön-heit. Diese ist ihm der Begriff der undarstellbaren Vollkommen-heit. Gott allein hat die Vollkommenheit zur Eigenschaft, dieSchönheit ist also, als die wahrnehmbare Darstellung eines Gött-lichen, selbst von göttlichem Wesen. Sie beruht auf Übereinstimmungder Form und Farbe der Gestalten mit ihrer Ursache und mit sichselbst. Die vollendete Urgestalt ist also die Kugel (das Runde) alsErweiterung ihres eigenen Mittelpunktes; die vollendeten Farben sindBlau, Rot und Gelb, die, an sich schön, durch Mischung verdorbenwürden. So kämen wir zu einem kleinen Kreis von schönheitlichcnFormen, wenu wir die Vollkommenheit nicht nach dem Begriff