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II. Die Klassiker.
diesen Plan in der Nikolaikirche in Potsdam (seit 1830) auf, demgrößten preußischen Kirchenbau jener Zeit. Da nnn außerdem dieKuppetanlage fast ängstlich sich an jene Reihe von ähnlichen vor-bildlichen Bauten anschließt, au St. Paul iu London, das Pantheonin Paris, St. Jsaak in Petersburg — so bleibt nur der Hellenis-mus der Form Schinkels eigenes Verdienst. Denn selbst in derMassigkeit des Unterbaues unter der Kuppel, der erschrecklich rohenFolgerichtigkeit, mit der die leeren Mailermassen als solche be-handelt werden, folgt Schinkel Soufflots Pariser Vorbilde. DerJnnenraum wirkt groß und bedeutend, trotz der Leerheit in seinerAusschmückung. Aber das Wichtigste, die Brauchbarkeit für deneigentlichen Zweck, uamentlich für die Predigt, ist der schlechtenHörbarkeit wegen ungenügend erreicht.
Besser gelang es Schinkel mit auderen Nachahmuugen. Auder Werderkirche griff er auf die Madeleine in Paris zurück, ebensowie dies Klenze an seiner Hofkirche in München that: Flach-kuppeln über nach innen gezogenen Wandpfeilern, also ein römischerFormgedanke. Auch dieser führte ihn bald wieder der Behand-lung der Gewölbe in gotischen Formen und der Umgestaltung desganzen Banes nach dieser Richtung zu. Au anderen Bautensollte nur zu oft der griechische Tempelgiebel nun auch sür daschristliche Gotteshaus die Form hergeben, ein Mißgriff, vor welchemdie Romantik den Katholizismus glücklich bewahrte. Man wirdan ihnen vergeblich nach ueueu Gedauken suchen, welche jeneCatels an Tiefe übertreffen, es feien denn solche formaler Art.Man kann ohne Ungerechtigkeit gegen Schinkel sagen: Die eigent-lich kirchlichen Gedanken in seinen Bauten sind verschwommeneNeste der großen Zeit des protestantischen Kirchenbanes in der erstenHälfte des 18. Jahrhunderts, jener Zeit, in der man die litur-gischen Ansorderuugeu künstlerisch zu lösen, nicht bloß mit ihnensich abzufinden suchte; das, was neu an Schinkels Entwürfen ist,sind Übertragungen aus fremden Banarten, gemacht znr formalenBereicherung des seinem Werte nach nicht erkannten protestantischenProgramms. Und wenn K. E. O. Fritsch in seinem sonst so treff-lichen Buch „Der Kirchenban des Protestantismus" noch 1893 ver-suchte, Schinkels Schätzung als Kirchenbanmeister nnsrecht zu er-