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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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III. Die alten Schulen.

Schadow modellierte ein nackendes Mädchen, ans Träumen er-wachend, den Körper dehnend, hingestreckt auf eine Matratze, Armund Kopf auf ein weiches Kissen lehnend. Seine Absicht war alsonicht, wie er selbst sagt, eine Benus oder Göttin zu bilden, sonderndas Bild einer wollustatmenden, wohlgebildetcn Sterblichen zn geben!Nicht der Kunstwert des jetzt in Paris befindlichen Werkes ist hierentscheidend, sondern die echt künstlerische Absicht. Ebenso bei derliebenswürdigen Marmorgruppe der Prinzessin Luise und ihrerSchwester. Er mißt, nm in dieser seinem Vorwurfe ganz gerecht zuwerden, sorgfältig nach der Natur, er leiht sich die Kleider der jungenFürstinnen aus, er versenkt sich liebend in die Einzelheiten; nichtum ideale Gestalten zn schaffen, sondern mit der herzlichen Bewunde-rung des guten Preußen für die schöne Herrin der Zukunft, fürdie edlen, zur vollen Reife noch erknospendcn Franengestnlten. Daist volles Leben, voller Künstlergeist, volle Kraft finnlichen Umfangen?bei aller Ehrfurcht. Ein Zug der bewundernden Liebe, der opfer-luftigen Anbetung wnrde in die liebliche GrnPPe mit eingeflochten.

Endlich sollte es Schadow vergönnt sein, eines Mannes Bild-säule zu schaffen, den er selbst von Angesicht zu Angesicht gesehen,dessen Thaten er dankbar miterlebt hatte, Blüchers. Das Schicksalwollte es, daß man Goethes Rat einholte. Es ist das einzigeWerk dieser Art geworden, in welchem die Zeitkleidung nicht reinbeibehalten wurde. Ein Löwenfcll mnßte die Brust zieren, derHals frei bleiben, die Falten bewegt und wie aus nassem Stossgebildet erscheinen. So wollte es die siegreiche Wissenschaft desSchönen. Man sehe Zietens Lederhosen neben jenen aus idealemStoff an Blücher. Es ist ein Stück Zeitgeschichte in diesenNebendingen, ein Stück Lebensgeschichte des Berliner Meisters, dernun mit Goethe höflichen Händedrnck und förmliche Briefe wechselte,nachdem sie sich ein langes Leben hindurch nicht, verstanden hatten.

Schadow wußte sehr gut, daß er uuter allen Berliner Künstlern,uebeu Tassaert, von dem er sein Handwerk erlernt hatte, Chodowiecki am meisten schuldete, uämlich die Absicht aus Redlichkeit, das Strebennach eigener Naturerkenntnis. Es war dem Manne, der mitMiniaturen und Schmelzmalereien sein Lebenswerk begonnen hatteund der nun auf dem Wege wissenschaftlicher Belehrung die Wahr-