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III. Die alten Schulen.
Er hat nach mehreren Richtungen Bedeutung erlaugt. SeinConradin von Schwabeu ist eines der ersten großen Bilder ausdeutscher Geschichte, seine Aufnahmen nach antiken Vasen haben inhohem Grade auf die Vorliebe für Umrißzeichnungen, ans ein Er-fassen der plastischen Natur lediglich durch die Linie hingewirkt.Und doch schuf er in hohem Alter noch ein realistisches Bild, denEinzug der Russen und der Bürgergarde in Hamburg 1814, iudem er eine Übermcnge von Bildnissen, Uniformstücken und sonstigenEinzelheiten getreu wiederzugeben und das Ganze doch zur Einheitzu zwingen hatte, eine höchst undankbare, aber mit bemerkenswerterKraft erfüllte Aufgabe.
Es steckte also ein wenn auch nicht starkes, so doch stets zuweckendes realistisches Empfinden in dem Maler des Conradin.Es ist dies Bild (jetzt in Gotha ) eine Jngendschöpfnng (von 1784),hervorgegangen aus einer in Zürich empfangenen Anregung, alsogeboren im Geist des Bodmerschen Bardentums, als eiu Zeugnisdes erwachenden Nationalgefühls; gemalt in Rom , also in der Luftdes Klassizismus. Die außerordentliche Verquickung der Verhält-nisse des nationalen Lebens äußert sich schou in dieser Entstehungs-geschichte. Der sentimentale Patriotismus suchte sich als Gegen-stand eine Zeit des Leidens aus, dcu letzten Hohenstaufen kurz vorfeiuer Hinrichtung mit seinem Leidensgefährten Friedrich von Öster-reich im Kerker Schach spielend, iu altdeutschen bunten Kleidern,doch antiker Haltung, dem Vorlesen des Todesurteiles zuhörend.Und mau muß dazu lesen, wie Tischbein sich Gewissensbisse machte,daß der finsterblickende Mann, der das Urteil verkündet, ans dener allen Haß der Beschauer lenken wollte, nicht schön genug sei.Denn Schönheit sollte alle Teile des Bildes durchziehen.! Wirverweigern unsere Anerkennung nicht jenen Künstlern, die im15. Jahrhundert im Kampf mit dem Idealismus ihrer ZeitFehlgriffe thaten, mühsam sich losrissen, nm dem Selbsterschalltenzu genügen. Wir sollten billigerweise anerkennen, daß ein ähnlichesRingen auch hier stattfand.
Tischbein konnte damals in Rom wagen sein Bild dem desDavid gegenüberzustellen. Die Deutschen fanden in diesem Werkemehr Gefühl als in dem des damals schon gefeierten Franzosen,