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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Rehberg und die Schauspieler.

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das ihnen theatralisch erschien. David selbst aber hat Tischbeinseine Achtung nicht zu versagen vermocht. Daß es sentimental,weichtvnig ist, liegt in der Zeit. Aber das gerade ist das Ver-dienst des Bildes. Soll es anders sein als die Zeit, aus der esentstand? Soll der Künstler über, außer sciuer Zeit stehen?Ist es seine Schuld, daß wir die Thränen etwas mehr verbeißeugelerut haben, als unsere Urgroßvater.

Tischbein war nicht der einzige seiner Art. In Rom wirkteneben ihm Friedrich Rehberg , ein Schüler Oesers nnd Casanovas,später Professor in Berlin . Auch er wetteiferte mit David in ge-dankentricfendcn klassischen Bildern. Denn der Maler Koch hatwohl recht, wenn er sagt, daß man mit den gemalten Gefühlenund Empfindungen mehr Geld erwarb als mit der Kunst; daßAffektationen diese retteten, wenn die Bilder selbst keinen SchußPulver wert waren; daß sie schwindsüchtig ideenleer sind, trotz alldiesem Beziehungsreichtum. Aber Rehberg stand hoch in der Wür-digung, seine Bilder mußte er für die Kunstliebhaber mehrfachwiederholen. Hier ist er zu beachten als einer der wenigen, dieBeziehuugen zu England hatten. Hannoveraner von Geburt, warer 1791 Gast der Lady Hamilton in Neapel , jener berühmten,dort zu mächtigen Einfluß gelaugten Abenteuerin. Er kündigte1795 im Teutschen Merkur auch in England weitverbreitetecharak-teristische Attitüden" an, die genan nach der Natur gezeichnet, dieLady darstellten. Später ging Rehberg selbst sür einige Zeit nachEngland .

Diese Attitüden sind eine Erfindung der Engländer. Reynoldshatte iu der Schauspielerin Siddon ein Mittel gefunden, seineschwachen idealistischen Kräfte durch mimische Künste zu stärken; erbrauchte uicht mehr seine Gestalten in leidenschaftlicher Erregungzu maleu, sondern konnte diese bildnismäßig nach seinem präch-tigen Modell darstellen. Auch die reizende Schauspielerin KittyFischer, die Robiusou, in die damals alle Welt verliebt war, sogardie schöne Herzogin von Devonshire leisteten ihm solche Dienste.Seit ein Garrick der Nation den Shakespeare erst wirklich nahegebracht, ihr die Rollen des Dichters verwirklicht hatte, war dasMalen von Schauspielern in einer bestimmten Rolle, einer be-