David.
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Stolz der Deutschen ; seine Erfolge galten als solche unseres Volkes.Man vergaß vollkommen, wie viel er der Fremde verdanke, und wieviel in seiner ganzen Auffassung französisch war. Trotzdem fühltendie Deutschen einen starken Abstand zwischen sich und dem gefeiertenPariser. Den älteren unter ihnen in Rom war David stets einRätsel geblieben. Ein Mann, dem man die Lehre der Winckelmann und Mengs übermittelt hatte, der also wußte, daß das Heil alleinin der Antike beruhe, und der in seiner Verblendung den LandS-lcnten doch zugerufen hat: Seien wir Franzosen ! Die Leidenschaft-lichkeit, das Fener, die Anmut hatte David als die besonderen Güterseines Volkes gepflegt, selbst Michelangelo hatte ihm nicht genngFeuer. Trotz seiner alle Gedanken übertreibenden Gesinnung sahman, daß er von der alten, schlechten Kunst nicht ließ. Der Über-moderne machte Anleheu bei Guercino uud Le Valentin, über diein Deutschland jeder junge Akademiker bis heute die Achseln zuckt.Daß David und seine Freunde, trotz ihren klassischen Überzeugungen,die ältere französische Schule nicht verachteten wie die Deutsch -Römer, war diesen nnr aus der nationalen Eitelkeit erklärbar.Die so wankelmütigen Franzosen, ebenso wie die so fest am Altenhaltenden Engländer sind nie so tief in den Fehler der Deutschenverfallen, am Wert des eben Überwundenen völlig zu verzweifeln.Sie haben vielleicht nicht eine gleiche Überzeugungstreue, seheujedenfalls uicht die Mißachtung fremder Ansicht als einen Beweisfür die Festigkeit der eigenen an. Es ist aber doch merkwürdig, daßdie Deutsch-Römer, so sehr sie selbst an der Antike hingen, David diegleiche Anhänglichkeit zum Vorwurf machten. Die Köpfe in den Ge-mälden aus seiner Schule seien aus den alten Flachbildern entlehnt,die Bewegungen kämen von den Standbildern, seien steinern odertheatralisch, die Frauen dagegen von Pariser Anmut. Das Studiumsei mechanisch, man bediene sich allerlei Modelle, um nach ihnenknechtisch abzuzeichnen. Kein Finger, keine Zehe werde ohne Modellgemacht, man zeichne daher richtig, oft richtiger als geistreicheKünstler. Das Einzelne sei natürlich, das Ganze naturwidrig, weiles nicht durch den Geist der Kunst belebt sei. Man sehe bei Davidwie bei Poussin überall den Gliedermann, der allein den Ge-schmack der Gestalt bestimme. Es ist merkwürdig, wie das nahe