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IV. Die Landschaft.
nach dem Erscheinen des Ossian kam des Dänen Gerstenbergs Gedichteines Skalden heraus. Er mahnte die Deutschen an ihre alteGötterlehre. Klopstock seit 1751 in Kopenhagen lebend, trat alsder gewaltigste der Barden auf: Dunkel und doch kraftvoll, nationalund doch fremdartig, begeistert für sein Volk, für dessen Vergangen-heit, thatendurstig in Worten, thränenselig im Handeln. Auch inDeutschland ist dieser getragene Ton, dieser Bilderreichtum, dernun die Dichtung erfaßt, eine Wiederkehr, ein Rückgreifeu auf dieschlesische Dichterschule, auf Lohensteins Roman Arminius, vor allemein Streben nach Anknüpfung an deutscher Vergangenheit.
Aber noch war der Einfluß auf die Kunst bescheiden. Er be-gann mit dem Siege der englischen Gärten über die französischen,kam zum schriftkundigen Ausdruck durch das Buch des Kieler Pro-fessors Hirschfeld, Theorie der Garteukunst (1777—1782), nach-dem schon seit einigen Jahren vorlaufende Arbeiten von ihm er-schienen waren. Garteukalender, Gartenalmanache kamen nun ingroßer Zahl heraus, verbreiteten die englischen Gedanken, erfaßtendas erwachende sentimentale Naturgefühl des deutschen Volkes undlenkten es auf ein Gebiet, in dem jeder ohne Vorbildung selbst-schöpferisch wirken konnte.
Der französische Garten war in der Absicht entstanden, dieNatur als dem Willen ihres Ordners Unterthan darzustellen. Dasist Leuötres großes Ziel. So weit der Blick reicht, eine klareBeherrschung der Laubmassen, der Flüchen, des Pflanzenwuchses.Der Natur ihre Willkürlichkeit zu nehmen, war die selbstherrlicheKunstabsicht des Fürsten , sie in engen Bezug zu dem Schloßzu setzen, so daß, wohin der Blick auch salle, überall die Ober-herrlichkeit von dessen Besitzer über das umliegende Land augen-fällig werde. Kunst sollte dies vollkommen dnrchdringen, so daßkein von ihr unberührter Fleck, keine Spur des Ungehorsams imUmkreise des großen Herrn die Einheit der Stimmung störe.
Die Euglündcr hatten diesem Gartenbau die Empfindung fürdie Schönheit der unberührten, der vom Menschen noch nicht ihrerJugendfrische beraubten Landschaft entgegengesetzt. Das war einebürgerliche Kunst, aufgenommen und gepflegt von den Großen desLandes, ein Sieg des demokratischen Geistes, selbst über jene an