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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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IV. Die Landschaft.

einem feuerspeienden Berge zierte. Er war Hellenist, wie Adamsund zugleich Romantiker, wie die Schotten. Er machte auch zuerstErnst mit dem reinen Weiß der Innendekoration, verbannte dasGold, welches bisher noch geduldet war, gab dem Raum, weuu auchnur in Ölfarben oder Stuck, die volle Farblosigkeit, die man alsTon des Marmors, des höchsten Baustoffes, feierte. Als Garten-künstler aber hielt er eine Reise nach Schottland für unerläßlich:Die Mischung von Klassik und Nomantik konnte nur in dem reinsein, der sowohl Rom wie die Fingalhöhle gesehen hatte.

Die landschaftliche Auffassung wurde aber nicht nur durch dieLandschaftsgärtnerei von England aus beeinflußt. Sehr entscheidendwar hierin auch die Malerei und namentlich der Stich. Unterdem Begriff englische Kupfer verstand man damals Blätter,welche weniger für die tief Gebildeten, als für die Laien vonWert seien. Die Ästhetik, wenigstens die deutsche, hatte mit ihnenwenig zu schaffen. Sie lagen außerhalb ihres Gebietes, sie kamenin den grundsätzlichen Fragen nicht mit in Betracht. Die Kunst-händler dagegen schützten sie umso hoher, denn sie stellten diemarktgängige Kunstware dar, mit welcher die Stuben der Bürgersich füllten, die in die Zimmer der Reichen einzog, ohne daß diewegwerfende Kritik der Sachkundigen in der ärgerlichen Vorliebefür die Werke des englischen Ungeschmackes etwas zu ändern ver-mocht hätte.

Die Engländer waren die großen Reisenden jener Zeit: Geldund Unternehmungslust, ein wachsender Handel und ein früh er-Wachter Sinn für das Wesen der Kolonisation, die nicht Eroberung,sondern Besiedelung ist, hatte ihnen den Weg in die weite Welteröffnet. Der Lord wird die bezeichnende Erscheinung des umden Preis nicht feilschenden, aber auf seinem Geschmack bestehendenKunstliebhabers. Man ärgert sich über feinen Spleen, aberman bewundert ihn doch. Er ist das Vorbild des Mäzenaten-tums der Zeit; derjenige, der thatkräftig eingreift, um die Kunstzu fördern, der Anteil nimmt an den Dingen, wo er auch sei, derGeduld hat zu warteu, bis sie ausreifen nnd der blasiert genugist, sich nicht von jeder Neuheit, von jedem Vorkommnis aus demGeleise zerren zu lasseu. Wie staunten die deutschen Kleinstädter!