Katholische Bildnerei. — Achterinann.
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sei, wies ihm nach, daß man bei der Gotik alter Form zu bleibenhabe: Nicht nnr weil sie die Materie am besten überwinde, sondernweil die dreischiffige Anlage billiger sei. Das ist freilich ein nurzu verständiger Grnnd!
In sehr viel größeren Schwierigkeiten l'efand sich die Nomantikhinsichtlich der Schwesterkünste der Architektur, namentlich derBildnerei. Hier konnte man wohl die alten Werke würdigen, nichtaber sich entschließen, sie in ihren eigentümlichen Abweichungen vonder Natur nachzuahmen. Wohl war man der Ansicht, die Werkedes 14. und 15. Jahrhunderts böten auch iu der Bildnerei denerhabensten Ausdruck christlichen Geistes nnd Lebens. In der Ab-sicht den Gestalten nachgiebig sanftes Wesen und herzliche Demutund damit den rechten christlichen Ausdruck zu gebeu, dann aberauch um die aufsteigenden Geraden der Pfeiler zu brechen uud somitdie Bildwerke von der Pseilermasse abzulöseu, wären im Mittel-alter geschwungene, gestreckte, nach der Seite eingebogene Gestaltengeschaffen worden. Am Ausgange des Mittelalters aber sei dieKunst zum echteu Ausdruck der weltbesiegeudcu Glaubeuskraft durch-gedrungen. So etwa urteilen Jakob und Neichensperger. Abertrotz dieser Liebe für die Spätgotik, die also hier als die voll-kommenere Kunst gefeiert wurde, kommt die romantische Bildnereinicht zu eiuer ehrlichen Hingabe an diese Zeit. Die Gewalt derantiken Plastik war unüberwindlich. Zwar wurde ein so strengkatholischer Meister, wie Führich, von Thorwaldsens Aposteln ab-gestoßen. Wie wir im Leben schon, sagt er, jedes erkünstelte, ausich unwahre Gefühl Komödie nennen, so ist Thorwaldsen in diesenBildwerken — so meisterhaft sie auch von feiten der Anwendungäußerer Kunftmitttel erscheinen — dennoch nichts als ein Schau-spieler. Die katholische Kirche hat ihrer nie begehrt. Rauch undRietschel schätzten den Christus, sprachen sich aber in ihren ver-trauten Briefen ebenso gegen die öde Apostelmacherei aus, dienun nach Thorwaldsen und durch ihn beliebt geworden ist. DieBibel biete noch andere Stoffe, sagte Rietschel, als „bloße bärtigeMänner mit Gewändern!"
Ein deutscher Künstler, der später in Rom für sich dasVorrecht besaß als katholischer Meister gefeiert zu werden, war