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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Stellung zu Cornelius. Reinecke Fuchs.

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nicht mehr der Zahl nach ausreichten. Mehrere Maler begannendas Deckenbild je in einer Ecke; kamen in der Mitte die Pinselzusammen, so war es fertig. Jeder der schwärmerisch am Meisterhängenden, langgelockten Jünglinge war aber mit der Aufgabe, sodem Meister zu dienen, voll befriedigt.

Erst nach und nach kam Kaulbach die Erkenntnis, daß dieserIdealismus schou stockig zu werden begouuen hatte, daß seine ausrealistischen Absichten entstandene Zeichnung selbständigen Werthabe. Und nun erbat er sie von meinem Vater zurück, der sienoch im Alter das Beste nannte, was Kaulbach je gemacht habe.An dem in München wieder erwachenden Realismus erkannte Kaul-bach erst die Bedeutung seiner jugendlichen Versuche, die er nun leb-haft wieder aufnahm. Man erhoffte in ihm einen deutschen Hogarth;namentlich die Buchhändler waren rasch bei der Hand, das auf-tauchende Talent auszunutzen. Einer allein verlangte von ihm25 solche Narrenhüuser uud ließ sich nicht durch eine Ablehnungirre mache». Schuster bleib bei deinem Leisten, schrieb er; durchIhr Talent sind Sie nun einmal auf die Narren angewiesen!

In die Frühzeit seines Ruhmes gehörten anch die Zeichnungenzum Neiuecke Fuchs. Als in den siebziger Jahren dieser Ruhm zuschwinden begann, als die Bedenken gegen ihn immer lauter wurden,tröstete man sich damit, daß der Neinecke, dieses Wiederaufleben desecht deutschen Tiergedichts ewigen Bestand in der Gunst des Volkesund der Gebildeten haben werde. Wie viel witziger sind sie alsdie Holzschnitte Jost Ammans und Virgil Solis aus dem 16. Jahr-hundert; wie viel durchbildete:' in der Form; wie viel stärkerdurchdringt das Menschentnin die Tiere als etwa bei Niedingerund Tischbein: wie viel mehr Seele haben sie, als Landseers undMorlands englische Darstellungen; wie viel weiter gehen sie in derVertiefung als des Franzosen Grandville damals durch ganz Europa fliegende Witzblätter, die ja auch mit Vorliebe Tiere behandelten,Tiere mit Menschenköpfen oder Menschen mit Tierteilen, und dieTageshelden verhöhnten! Heute lautet freilich das Urteil fastüberall umgekehrt. Laudseer ist ein Tiermaler, der mit gewaltigemKönnen eine tiefe Kenntnis der tierischen Eigenschaften nnd Formenverband. Wenn man ihn einen Vorwurf macht, so ist es, außer der