Goethes Frauengestalten.
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fragt, wie die aus der Romantik hervorgehende, an Goethe irregewordene deutsche Bildung den Altmeister auffaßte, so ist Kaulbachgewiß so lehrreich und lehrreicher als Stahr. Es war ein Zucker-guß von Zartheit und Volksfreundlichkeit, von allerliebster Feiu-sinnigkeit und von neckischer Anmut über den alten Herrn inWeimar gekommen, zu dem er selbst wahrscheinlich die nller-verdutztesten Augen gemacht hätte.
Mit all dem ließ sich wohl viel Ruhm uud noch mehr Geldverdienen, aber es war doch nicht große Kunst. Anfangs glaubteKaulbach, in dieser mit Cornelius Hand in Hand gehen zu können.Noch fühlte er sich als dessen Schiller, nannte sich selbst bis ansEnde dazn bestimmt, dem Meister in den vorgeschriebenen Bahnenzu folgen, so seinen Zweck erfüllend. Das schrieb Kaulbach noch1831, als er bei Schadow in Düsseldorf zum Besuch war; mehrzur Mahunug an sich selbst als znm Ausdruck eigener Überzeugung.Denn schon erklärte Cornelius Kaulbachs Gegenstände sür völligungeeignet zur bildenden Kunst, ja, warnte ihn vor der Aus-führung des ihn besonders beschäftigenden Gedanken, der Hunnen-schlacht. Eine solche Mischling von Geschichte mit Gespenstischemsei unkünstlerisch; es handelte sich um den Kampf der Erschlagenenin der Luft nach ihrem Tode noch in Fortsetzung des snrchtbarenSchlachtengrimmes. Da der junge Künstler auf seinem Vorhabenbeharrte, war der geistige Bruch vollzogen. Seit der Vollendungdes Kartons 1334 war Kaulbach dem Meister ein gefährlicherNebenbuhler in der Gunst der Kenner geworden, hatte ihn injener der Gebildeten vielfach überholt. Graf Naczynski, der Ent-decker und Lobpreiser der Düsseldorfer , bestellte das Bild iu Öl.Als es in Bertin eintraf, freilich nur brauu iu brauu, ein ge-malter Karton, war der Graf ebenso begeistert wie ganz Berlin ,des Gefühles voll, das vollkommenste Werk unserer Zeit, sogaraller Zeiten zu besitzen. Der Maler Wach sagte, Kanlbach habegenug für seinen Ruhm gethan, wenn er auch jetzt aushöre zumalen. Und er hatte Recht! Man fürchtete, selbst Tizians Farbekönnte das Werk nur schädigen, Rasaels Maxentiusschlacht seiübertroffen, selbst im wildesten Schtachtengewühl herrsche Schönheitund Adel. Der König schenkte 1842 dem Grafen den Bauplatz,