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VI. Die historische Schule.
Sei dies nun jene klceblattartige der Kölner romanischen Bauten,wie sie Adler in seiuer Thomaskirche durchführte, oder sei es dieim deutschen Mittelalter zumeist gebräuchliche mit geradlinig ab-geschlossenen Querschiffen. Mit immer größerem Geschick lerntennamentlich die Gotiker hannoverischer Schule, den katholischenGrundriß für den protestantischen Gebranch einzurichten, die Em-poren nicht als lästige Einbauten, sondern als Glieder des Ganzenausbilden, den Zweck auch mit den Hauptformen des Baues ver-söhnen, trotz der Einrichtung für den Gottesdienst des 19. Jahr-hunderts das erzielen, was man kirchlich nannte und was besserals im historischen Idealismus gehalten, als altmeisterlich bezeichnetwürde.
Ein Künstler dieser Art sei als der gefeiertste herausgegriffen,jener der die größte Auerkeunung als Kirchenbanmeister errang,Johannes Otzen . Sein Stil ist auf dem Hases begründet; aucher ist ein eifriger Freund des Backsteinbaues. Aber mehr als Hasegreift er auf die Formen, die Wollet le Due durch seiue Veröffent-lichungen seinen Verehrern so mundgerecht vorgesetzt hat. Wie sichdie Erkenntnis nicht aushalten läßt, daß das heutige Nordfrankreichdie Wiege und der Schatzbewahrer der Gotik in ihrer Vollendungist, so kann heute kein Gotiker mehr ohne französische Formen-sprache auskommen. Otzens banliche Thätigkeit deckt sich mit derder Berliner Maler. Während Adler, Orth und andere Berlinernoch versuchten, die heimische Überlieferung auf den Kirchenbau zuübertragen, mit dem, was man weise Beschränkung nannte, undmit dem Bestreben, das einzelne Bauglied sinnvoll zn gestalten,geistreiche, wenn auch aus Mangel eigentlich bildender Kraft, un-befriedigende Werke schufen, ist Otzen nie in Verlegenheit gekommen.Bequem und sicher konnte er Bau auf Bau schaffen, nie fehlteihm die schönheitliche Form, denn diese war ihm nur ein Zusammen-stellen von bekanuteu Einzelheiten, die gute Gruppe, der male-rische Ausbau waren das Ziel des Äußeren, die Einbequemuug desZweckes iu die altüberuommene, ideale, weil bedeutungsvolle Kreuz-form das Ziel des Inneren. Die sinnvolle Ausgestaltuug hat sichauch bei Adler nicht auf den Grnndsinn der Kirche erstreckt. Noch1884 beschrieb er in dem Sammelwerk: Baukuude des Architekten