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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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VI. Die historische Schule.

müsse sich erneuern, weil die Zeit sich erneuert habe, es gäbe nicht nurciue Gerechtigkeit,nicht nur eine Schönheit. DieKnnstsolle aus demWillen des Künstlers heraus beurteilt werden. Wo sie immer einenfinde, wer es auch sei, was er auch wolle, und scheine es die leib-haftige Narrheit, der in seiner Weise ein eigentümliches Gefäß zugießen weiß, in dem er heimisch ist, aus blankem leuchtendem Metall,aus dem tiefen Schachte seines Talentes nach harter, mühseligerGrnbenarbeit ans helle Licht gefördert bei dem solle die KritikHalt nnd eine tiefe Verbeugung machen, wie vor einem Kaiser:Es ist ein Künstler!

Und schon Heinrich Heine , dessen Art nicht von den Kunst-werken, sondern um sie herum zu redeu, mir wahrlich nicht behagt,sagt in einer der Besprechungen von Pariser Ausstellungen: der großeIrrtum der Recensenten besteht darin, daß sie die Frage aufwerfen:was soll der Künstler? Viel richtiger wäre die Frage: was willder Künstler? oder gar: was muß der Künstler? Die erste Fragekommt seiner Ansicht nach von den gedankenlosen Kunstphilosophenher, die aus Merkmalen anderer Kunst Regeln und Gattungen er-sannen. Junge Riesen aber haben keine geordnete Fechtkunst, sieschlagen alle Paraden durch. Jeder Genius muß sür sich studiertund beurteilt werden, nach dem, was er selbst will! Die, welcheHeine so eifrig nachahmen, weise ich auf diese klugen Lehren.

Daß ein Neues kommen müsse, dessen wurde man sich vorallem in der Baukunst und dem Kunstgewerbe klar.

Mit dem Rokoko war ein Ende im Nachahmen erreicht, neueStile waren nicht mehr vorhanden. Nur Japan und Chinaboten noch Neues. Es konnte dies zunächst nur aus die Gebietewirken, in denen dort Großes geleistet wurde, auf die Kunst desSchmückens in Bildnerei und Malerei. Das Eigene in dieser warein starker Realismus, ein solcher, wie er so frisch, so ursprünglichdem Europäer, dem von dort die Gesamtentwickelung als einGanzes zuging, sonst nirgends entgegentrat. Es hatte wohl erstjener Ratlosigkeit, die zu Mitte der neunziger Jahre im Gewerbeherrschte, bedurft, um Japan den Weg zu öffnen. Was sollteman nun machen, da alle alten Stile abgegrast waren? Es warerstaunlich rasch mit dem vorhandenen Material abgewirtschaftet