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man von einem alten Meister lernt. Im wesentlichen ist der Grundzugderer, die hinter Menzel herstrebten das Alleinstehen. Sie konntensich weniger gegenseitig decken, denn sie gingen ihre eigenen Wege.
Ein Gegenstück zu Menzel ist in vieler Beziehung WilhelmLeibl. Alle die Münchener , die in den achtziger Jahren nicht ganzfest saßen in der Pilotyschule, und viele auch aus dieser haben anLeibls Art sich aufgerichtet. Auch er hat an den Franzosen ge-lernt, war in Paris , aber zu einer Zeit, als er mit sich schonfertig war, nicht fertig in seiner Entwickelung, aber im Ausgangs-punkt. Auch seine Kunst hat große Wandlungen durchgemacht, aberauch er ist immer derselbe geblieben. Auf der Münchener Ausstellungvon 1869 trat er zuerst auf, damals fünfundzwanzig Jahre alt.Man war allgemein unter den Künstlern der Ansicht, daß ihn: undseinem Doppelbilduisse die höchste Auszeichnung, die goldene Medaillegebühre. Konnte man sie aber einem jungen Akademiker geben? InParis that man es im folgenden Jahr; man kannte ihn dort nichtfeinem Alter, sondern nur seiner Kunst nach. Auch Leibl ist ein Bauern-maler. Mit wenigen Ausnahmen hat er sich seine Modelle ans der Um-gegend Münchens zusammengesucht. Es sind nicht schöne nnd nichtinteressante Lente, die er darstellt, sie haben auch keinerlei bemerkens-werte Thätigkeit. Sie sitzen meist herum, selbst Stehende sind schonselten, weil diese so nicht gern still halten. Denn das ist so ziemlichdas einzige, was er von ihnen sordert. Sie müssen lange undregungslos still halten, denn er malt mit einer Vertiefung in dieEinzelheit, wie sie vorher noch nicht erreicht war. In vielen seinerBilder geht er an sorgfältiger klarer Darstellung der Einzelheit überHans Holbein hinaus. Das schottische gewürfelte Kleid des Baueru-mädchens, die bunteu Blumen auf ihrem Halstuch, ja selbst dieBuchstaben ihres Gebetsbuches sind mit einem Fleiße dargestellt,mit einer spitzen Schärfe des Pinsels, um die ihn ein Miniatur-maler beneiden könnte. Die Sache ist's, die ihn packt und festhält,die Gegenstände der Natur, die er auf der Leinwand zeigen will,so wie sein scharfes Auge sie sieht. Da ist nichts nebensächlich, keinFältchen im Gesicht ohne Wert; der Grundsatz ist einfach der: Wassich in der Natur findet, muß auch ins Bild hinein!
Die stillhaltenden Leute aber können nicht auf die Dauer ein
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