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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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VIII. Die Kunst aus Eigenem.

Wald geboren, dicht am Hochkvpf, von dem das Wehrathal zumRhein , nach Säkkingen hinunterführt. Einen Tagesmarsch aus-einander, zwei ini Grunde ihres Wesens sich so ähnliche Künstler.Beide sind Querköpfe, das heißt, es sind keine Längsköpfe; nichtsolche, die nach dem Strich gehen, sondern ihre eigenen Bahnenund Wege haben. Wohl hat Thoma in Frankreich manche An-regung gefunden. Courbet , Cazin und andere wirkten auf denSchüler Schirmers weiter, der von seinem Lehrer so mancherlei mitin seine Knust hcrübernahm, ohne daß er dabei seine Selbständig-keit verlor. Er blieb eine eigenartige Erscheinung, auch seit erin Rom gelebt und mancherlei von den dortigen Künstlern an-genommen hatte.

Vor Jahren fielen mir die Bilder Thoma's durch ihren merk-würdig lichtgranen Ton auf. Sie sahen in den Ausstellungen in-mitten der braunen altmeifterlichen Arbeiten der anderen merk-würdig genug aus! Die Farben so schlicht, so farbig, mit einer sohellen Freude au ihrer Pracht gemalt. Und doch schien mir derTou nicht satt, das Licht nicht warm. Später habe ich dieseBilder wiedergesehen, Arbeiten von einer Kindlichkeit der Auf-fassnng, neben denen die Bravourstücke der alten Schule mit allemihrem Tongefnnkel recht kindisch erschienen. Man sieht da aufeiner Landschaft eine grüne Plane, ein paar weiße Blumen oderSchafe, einige Ballen Wolken am Himmel. Wie wunderbar ge-mütvoll er seine Heimat erfassen kann! Welch tiefen Eindruck dieerste geschlossene Ansstellnng seiner Bilder in meines Bruders Ge-schäft 1890 machte. Von da gingen sie nach München . Mit einemSchlage war Thoma ein berühmter Mann; äußere Ehren und änßereErfolge stellten sich ein. Während die englische Kritik in Eng-land hatte er längst seinen Markt ihn schon viel früher aner-kannt hatte, fand plötzlich die deutsche Worte der Zustimmung fürihn. Nicht Thoma hatte sich geändert, sondern der Blick war fürihn und seine Art geöffnet.

Thoma hat seinen Weg für sich gefunden und ist sich treugeblieben, auch als eine etwas vorlaute Anerkennung ihn zu einemgroßen Meister stempeln wollte. Er hat seine begrenzten Gebiete undnicht überall volle Klarheit, wo diese liegen. Mir will wenigstens