644
VIII. Die Kunst aus Eigenem.
an Denkmälern üblich ist. Der steigende Realismus der Form fordertals Gegengewicht eine neue Art der Formvereinfachung. Man hatdie Grenzen schon längst überstiegen, in denen der Realismus inder Plastik wirksam sein kann. Die Wahrheit leidet auch eineGrößensteigerung nicht. Durch die Wahrheit wird man gezwungenin den Maßen zu bleiben, die die Gestalt in der Natur lebens-groß wirken lassen. Es sind dies sehr verschiedene, je nachder Aufstellung. Wirkliche Lebensgröße wirkt stets als zu klein;sieht ja der lebende Mensch selbst auf hohen Sockel gestellt, winzigaus. Die einfache Vergrößerung der Maße ist unkünstlerisch. Nebenihr müßte hergehen eine Verfeinerung oder eine Vereinfachung derForm, um die Statue aus dem in der Vergrößerung nicht erträg-lichen Realismus herauszureißen. In beiden Fälleu giebt dasHeranschieben eines rechten Maßstabes an die Gestalt den Aus-schlag. Sie soll eben riesig aussehen. Also soll man ihr nicht Ähn-liches, sondern Fremdes nähern. Man rücke sie an riesige Mauer-massen nnd bilde sie sein durch. Der Beschauer wird sagen:welche Größe, sie ist so groß als jene Massen! Oder man bildesie selbst als Masse durch, daß der Beschauer sagt: Diese Auf-häufung von Steinen, das ist ein riesiges Denkmal! Mau bauesie aus Quadern aus, man lasse sie bis ans den Kopf, die Händeund dergleichen in rohen Bossen stehen, man stelle ein solches Werknicht in die weite Natur, sondern in die Straßen der Stadt, daßes die Stockwerke der Wohnhäuser in derber Wucht überrage, that-sächlich als Koloß wirke. So sollten meines Ermessens unsereBismarckdenkmäler aussehen, statt jener realistischen Statuen mitallerhand Sockelgestalten. So schlug ich es gemeinsam mit demBildhauer Christian Behrends in Breslau , einem der wenigenmit genügender Kraft zu solchem Werk, den Dresdnern vor. Daßdiese Gedanken noch zu neu seien, um Anklang zn sinden, dessenwar ich mir sicher! Aber in Schmitz' Denkmälern finden sie sichschon verwirklicht.
Deren Form wäre ohne die Vorarbeit von Otto Riethvielleicht noch nicht erreicht. Dieser, ein Schüler Wallots, hat durcheinige Hefte Skizzen auf das architektonische Schaffen einen tief-gehenden Einfluß gewonnen. Zunächst wies er auf das plastische