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Die deutsche Kunst des 19. Jahrhunderts : ihre Ziele und Thaten / von Cornelius Gurlitt
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Crane. Pflege der Volkskunst.

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liche Rat der Kunstfreunde, beim Alten zu bleiben, nichts helfen; benutzendoch die Ratgeber selbst seine Erzeugnisse nicht; auch sie umgeben sichmit ihnen nur als mit unnützem Schmuck. Liefern die Städterden Bauern gar noch die Entwürfe, leiten sie ihn an, so verderbensie die Volkskunst erst vollends. Gegen die Gewalt der Verhält-nisse ist nicht anzukämpfen.

Die Volkskunst im örtlichen Bauwesen zu erhalten, sind weitereBestrebungen. Eine Anregung, die ich 1891 in der VereinigungBerliner Architekten gab, führte zu meiner Freude dazu, daß inganz Deutschland von den Architektenvereinen Aufnahmen derBauernhüuser gefertigt werden, die demnächst der Öffentlichkeit über-geben werden sollen. Eine höchst wertvolle Stoffsammlung zurKenntnis deutschen Volkstums, eine sehr erwünschte Ergänzung dervielen Darstellungen der städtischen Kunst aller Zeiten! Leiderschwerlich viel mehr. Es wird sich erreichen lassen, daß die amgrünen Tisch gemachten, für das alte deutsche Bauernhaus, diesePerle unserer Landschaft, so verderblichen Polizei- und Brand-Versicherungsvorschriften endlich verständigeren Anordnungen weichen;es wird sich eine für das Land passendere Kunst finden lassen, alsdie von den Zöglingen der Bangewerbeschulen in die Dörfer ge-schleppte und dort ganz verrohte stilistisch-städtische. Die sächsischeRegierung hat dnrch Heransgabe von Entwürfen für Vauernhäusernach dieser Hinsicht eine große Boraussicht und eine tiefe Erkenntnisihrer Anfgabe gezeigt. Es wird dnrch die Organisation von Schulensich mit der Zeit in die Masse des Volkes ein besseres Verständnisfür die Darbietungen der Kunst erzielen lassen, namentlich wenndiese sich des wissenschaftlichen Zuges mehr und mehr entkleidet.Die Ausstellung von Schülerarbeiten sächsischer gewerblicher Lehr-anstalten, die 1898 in Dresden abgehalten wurde, mußte jeden mitErstaunen erfüllen über die riesige Masse sorgsamer Einzelarbeit,durch welche die Kunst in die weitesten Kreise getragen wird.

Einst hoffte mau, wenn erst die billigeren Vervielfältigungsartendie Kunst der breiten Volksmenge zugänglich machen, daß danndiese für das Beste empfänglich werden würde. Noch nie gab eseine Zeit, in der jeder soviel Kunst sah als heute, in der wenigstensjeder soviel Kunst sehen kann, wenn er nur will. Immer ueue