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Geschichte der organischen Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert : Medizin und deren Hilfswissenschaften, Zoologie und Botanik / von Franz Carl Müller
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Lichttherapie. 429

jüngster Zeit große Fortschritte gemacht, besonders der AmerikanerKellogg wirkte bahnbrechend. Wie es oft zu gehen pflegt, habensich Laien verfrüht der Sache angenommen, und so wurde dasLichtheilverfahren bei den Fachleuten zum Teil diskreditiert. Wirkönnen die bisherigen Forschungen nur verstehen, wenn wir einigephysikalische Vorfragen beantworten.

Alles Lebendige, aber auch das scheinbar Tote in der Natnrbewegt sich, denn wo Stoss ist, ist Kraft, und Kraft ist ohne Be-wegung nicht denkbar. Nach Virchow ist das Leben gegenüberden allgemeinen Bewegungsvorgängen in der Natur zwar etwasBesonderes, aber es bildet doch keinen diametralen Gegensatz zudenselben, sondern nur eine besondere Art der Bewegung, welche,von der großen Konstante der allgemeinen Bewegung abgelöst,neben derselben und in steter Beziehung zu ihr abläuft. Es istbei der strahlenden Wärme, beim Licht und bei der Elektricität nach-gewiesen, daß sich diese Kräste in Wellenbewegungen äußern. In ihrenEigenschaften sind die Wellen sehr verschieden: während das Licht sehrkleine Wellen hat, sind die Wellen der ausstrahlenden Elektricitätnach Untersuchungen von Heinrich Hertz teilweise meterlang.

Welche Kräste durch Lichteinwirkungen ausgelöst werden können,zeigt ein von Gautier und Heller unternommener Versuch;Wasserstoff und Chlor zn gleichen Teilen gemischt bleibt im Dunkelnmonatelang reaktionslos ein einziger Lichtstrahl genügt, um uuterExplosion Chlor-Knallgas zu erzeugen. Jede Haussrau weiß, daßdas Licht die organischen Farben bleicht, aber auch die anorganischenFarben, selbst Edelsteine, wie Smaragd , Chrysopras, bleichen nnterdem kalten, von allen Wärmestrahlen befreiten Licht. Haben wirnun die chemischen Wirkungen des Lichtes knrz berührt, so kommenwir auf den physikalischen Einfluß desselben: Krystallisations-vorgänge gehen im Lichte leichter vor sich als im Dunkeln; wennman eine Flasche in ein Gefäß mit heißem Wasser hineinstellt, sobeschlägt sich hauptsächlich die dem Lichte zugekehrte Seite.

Die Lichtwelleu legen, ohne daß die Wellenlänge irgend welcheUnterschiede machte, in der Sekunde einen Weg von 42 000 geo-graphischen Meilen zurück. Wenn das Licht durch einen schmalenSpalt auf ein Prisma fällt, fo wird es in ein breites Farben-