Geburtshelfer der Neuzeit.
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verstand, ist wohl von keinem seiner Schüler vergessen, wenn auchmancher derselben den Unterschied zwischen Würzburg und anderenHochschulen durch späteres Studium kennen lernte; aber wenn auchScanzoni den neuen Forschungen nicht mehr nachging, so gaber doch seinen Jüngern eine Schule mit ins Leben, welche dieeigene Fortarbeit erleichterte.
Der Name von Carl Sigmuud Franz Crede (1819—1892),der in Berlin und Leipzig unterrichtete, ist durch das von ihm er-snndene Verfahren, mittels manueller Handgriffe die Placenta zuexprimieren (Credescher Handgriff 1860) und durch die Verhütungder Augenentzündnng der Neugeborenen durch die Einträufelnngvon Höllenfteiulösuugen iu aller Mund. Ein Schüler des genialenBusch, gab er 1853 seine „Klinischen Vorträge über Ge-burtshilfe" heraus, denen später das „Lehrbuch der Hebammen-kuust" folgte (3. Auflage 1882). Crede gründete in Leipzig einegeburtshilfliche und gynäkologische Poliklinik und galt als einerder ersten Organisatoren des geburtshilflicheu Unterrichtes. — SeinSohn, wie auch der Scanzonis wurden geschickte Chirurgen,letzterer in München, ersterer in Dresden. — Eduard ArnoldMartin (1809—1875) gehörte zu der Kommission, die mit derAusarbeitung eines neuen Hebammenlehrbuches für das KönigreichPreußen betraut war. Martiu studierte zuerst, angeregt durchseiuen Vater, den berühmten Civilprozeßlehrer Christoph Martin,Jurisprudenz, ging aber bald zur Medizin über uud 1838 wurdeer Direktor der Entbindungsanstalt in Jena, wo er 1843 die erstegeburtshilflich-gynäkologische Poliklinik errichtete. 1858 kam erauf den Lehrstuhl von Busch und konnte nun eine große undsegensreiche Wirksamkeit eutfalteu. Nebeu vielen Arbeiten in denverschiedenen Gebieten der von ihm vertreteneu Fächer studierteer die verschiedeneu Fehler der Beckeubildung und führte einerationelle Beckenmessung ein. Er war der erste, der in Deutsch-land das Chlorophorm zur Erleichterung der Schmerzen bei derEntbindung anwandte nnd galt als einer der besten Gynäkologenim Sinne der modernen Anssassung. Als Begründer der gynäkolo-gischen Gesellschaft sammelte er seine zahlreichen Schüler, die anvielen Universitäten die Lehrstühle der Geburtshilfe einnahmen,