594 X. Geistes- und Nervenkrankheiten und gerichiliche Medizin.
nachzuweisen, wenn nicht die Justiz in solchen Fällen im Dunklentappen soll. Vielfach werden Verletzungen am Kinde, Erwürgungs-zeichen, Zertrümmerungen des Schädels gefunden werden, welcheauf eine gewaltsame Einwirkung von außeu schließen lassen, aberauch da giebt es noch den Einwand, daß ein Teil dieser Symptomedurch Fall entstanden ist. Man hat daher von alters her gewisseAnzeichen zusammengestellt, aus denen das, wenn auch kurze, Lebendes Kindes konstatiert werden kann. Der Befuud von Harnsäure-infarkteu in der Lunge, die Anwesenheit von Exkretionsstoffen inMastdarm und Blase, die Blntsülluug und der Eisengehalt derLunge haben sich durch die neuere Forschung als nicht stichhaltigerwiesen, dagegen ist die Lungenprobe, welche von Schreyer(1683) zum ersten Male als wichtiges Zeichen des Lebens vorGericht demonstriert wurde, auch durch die eingehendsten Forschungenihres Wertes nicht entkleidet worden. Die Luuge des ungeborenenKindes enthält keine Lust, während das Leben des geborenen Kindesmit der Athmung beginnt, wobei der Lunge sofort Luft zugeführtwird. Da uun die luftleere Luuge eiu specifisches Gewicht von1,04—1,05 hat, so sinkt sie im Wasser unter, wogegen die luft-haltige mit 0,96 specifischem Gewicht auf dem Wasser schwimmt.Der Einwand, daß auch faulende Lungen schwimmen können, wirddadurch eutkräftigt, daß die durch Fäulnis entstehenden Gasblasenviel großer und mehr unter der Pleura verteilt siud, während dieLuugeualveolen gleichmüßig mit kleinen Bläschen angefüllt sind.Hat man die großen Blasen geöffnet und sinkt dann die Lungeunter Wasser, so ist das ein Beweis dafür, daß das Kind nichtgeatmet hat, auch wenn vor Eröffnung der Fäulnisblasen sich dieLunge über Wasser gehalten hat. Die Lungenprobe ist allseitigals ein wichtiges Mittel zur Erkenntnis des Gelebthabeus einesneugeborenen Kindes anerkannt und konnte anch durch die selteuenFälle, wo Kinder stundenlang gelebt haben, ohne zu atmen, nichtihrer Beweiskraft beraubt werden. —
Eine Unterstützung der Lnngenschwimmprobe soll die Darm-schwimmprobe abgeben. Breslau stellte die Behauptung auf,daß das neugeborene Kind dnrch Verschlucken von Luft dieselbe inden Magendarmkanal bringt, wodurch derselbe lnfthaltig wird.